Freitag: Heeg bis Galamadammen
Das Wochenende begann am Freitag Morgen am Hansa. Kurz nach 7 Uhr waren tatsächlich alle da und wir brachen eine gute Stunde später Richtung Friesland auf. Mit vier Fahrgemeinschaften kamen Kinder und Teamer bis zum späte Vormittag problemlos in dem kleinen Ort Heeg in der Gemeinde Súdwest-Fryslân an. Die gecharterten Boote – vier Fox 22 – lagen dort bereits.
Anmelden, Ankommen und das anschließende Beladen der Boote brauchten ihre Zeit und auch für’s Essen war gut vorgesorgt worden – jedenfalls hatten wir einige Zeit gebraucht, um zwei volle Schubkarren mit Essen zu verstauen. Nachdem sich alle auf ihren Booten eingerichtet hatten und wir mit kleineren Namensspielchen begonnen hatten, konnte nach der Verabschiedung der Eltern endlich “in See” gestochen werden.
Bereits am ersten Tag wichen wir von der ursprünglichen Streckenplanung ab und anstatt östlich Richtung Joure zu schippern, blieben wir lieber direkt auf dem Heegermeer (Anmerkung für Kenner der Gegend: Genau genommen meinem wir das Heegermeer, Fluessen, De Oarden und De Holken), um im Laufe des Tages immer weiter runter zu kreuzen.
Bei gleichmäßigem Wind und schönem Wetter haben wir uns auch die Zeit genommen, immer wieder ein Stück runter zu fahren oder Halbwind zu warten, während eines der Boote technische Probleme hatte. Aber wen halten schon so Kleinigkeiten wie das Fehlen einer funktionstüchtigen Großfallklemme auf? Kreative Lösungen waren gefragt und das Umfunktionieren der Fockklemmen machte das Wenden nicht einfacher, aber reichte, um die Segel oben zu halten.
Die darauffolgenden Stunden waren insofern ereignislos, als dass man die Faszination des Segelns nunmal nur selbst erleben und nicht beschreiben kann. Ein ungeplant waghalsiges Manöver sei hier aber noch erwähnt:
Am frühen Abend, kurz bevor wir in den Hafen laufen wollten, kamen alle vier Boote nochmal zusammen. Während ein Boot vorausgeschickt wurde, um uns im Hafen anzumelden, blieben wir restlichen Boote gemütlich im Päckchen liegen und namen die Segel runter, um zu quatschen und zu warten. Wir hielten uns dabei natürlich aus dem zentralen Fahrgebiet raus, aber immer noch mit genug Abstand zum Ufer, dass man jederzeit wieder abdrehen konnte – schließlich hatten wir ja noch Motoren an den Booten. Dachten wir zumindest. Einer der Motoren (es sollte genau das gleiche Boot sein, das bereits Probleme mit den Klemmen hatte) war allerdings anderer Ansicht und verweigerte den Dienst, als wir ihn zum Abdrehen von der vorausliegenden Landzunge brauchten. Da zudem keine Ruder an Bord waren (Charterboote – was will man machen) entstand eine reichlich brenzlige Situation, als sich zeigte, dass der Motor des mitvertäuten Bootes für zwei Boote nicht stark genug war. Als wir immer weiter auf’s Land trieben musste sich auch das dritte Boot an die andere Seite legen und mit schieben, so dass wir letztlich nur knapp an der Landzunge vorbeifahren konnten.
Im Hafen angekommen gab es dann auch “endlich” Essen: Chili con und sin carne, sogar in drei Schärfegraden. Da damit schon fast alle Töpfe gefüllt waren, blieben für Reis nur noch zwei und es wurde schneller gegessen, als nachgekocht werden konnte.
Etwas später gingen alle Jungs zu einer Wiese und es wurde Fußball und Frisbee gespielt. Wir hätten vielleicht vorher bedenken können, dass das direkt am Wasser nicht die beste Idee war, da der Ball nicht selten auch im Hafenbecken gelandet ist und von dort nicht so einfach wieder rauszuholen war.
Gegen zehn sind alle zurück gegangen und vom Steg vor den Booten war ein beeindruckender Sternenhimmel mit diversen Sternschnuppen zusehen.
Samstag: Galamadammen bis Sloten
Da das Heegermeer im Süden nur ins IJsselmeer führt und wir dann doch lieber entspannter segeln wollten, führte uns der zweite Tag zunächst wieder das Heegermeer “hinauf” (nach Norden). Anders als am Freitag hatten wir uns frei auf die Boote verteilt und bei etwas stärkeren Windverhältnissen fuhren wir zunächst gerefft raus, beschlossen aber sehr bald, wieder unter vollem Tuch zu fahren. Am östlichen Ende des Heegermeer fuhren wir schließlich in einen Kanal und motorten durch Woudsend (Ort) hindurch ins Slotermeer. Dabei kamen wir auch in den Genuss des seit 2012 leider vielerorts abgeschafften “bruggeld in het klompje” – das Bezahlen eines kleinen Betrags beim Passieren einer Klappbrücke, den der Brückenwärter in einem traditionellen Holzschuh an einer Angel einsammelt.
Obwohl es in der Planung noch hieß, es lägen “keine Regattaambitionen” an, war niemand einem kleinen Rennen auf dem Slotermeer abgeneigt. Ein ankerndes Polyfalkenpäckchen, dessen mehr als gut gelaunte Crew uns bereits beim ersten Vorbeifahren herzlich zugewunken und -prostet hatte, wurde kurzerhand zur Leetonne erklärt; Alle Boote legten sich in Reihe und setzten zu einem schlichten Up-and-Down an.
Ganz so einfach gestalteten sich die Dinge dann aber nicht…
Zunächst die Sache mit der Luvtonne: Wir nahmen beim Start an, dass sich schon irgendeine Tonne finden würde, um die alle schadlos würden wenden können. Das war auch nicht das Problem, letztendlich gab es aber einfach zu viele Kandidaten und niemand war sich so wirklich sicher, wer denn letztlich entscheidet, um welche Tonne wir fahren. Entsprechend chaotisch waren auch die Tonnenrunden und auch mit nur vier Booten konnten wir die bei jeder Regatta obligatorischen Proteste abhaken.
Immerhin, eine Leetonne war ja vereinbart worden. Nur dass sich diese “Tonne” – man erinnere sich: die ankernden Partyboote – bewusst geworden waren, wozu Boote noch gedacht sind – und weggefahren waren. Die daraufhin ersatzweise angepeilte Begrenzungstonne eines vorbeilaufenden Fahrwassers war ein naheliegender Ersatz – doch gerade als das wiederum durch die spontanen Kursänderungen verstreute Feld dort ankam, war das Fahrwasser derart blockiert, dass an ein Tonnenmanöver nicht zu denken war. Es sollte einfach nicht klappen…
Nachdem zwei der Crews sich daraufhin mit einer Runde begnügten und gemächlich weiter fuhren, kamen die verbleibenden beiden Boote schnell darin überein, dass ein erster Platz dennoch ausgefahren werden musste. Doch schon nach wenigen Schlägen stellte sich wieder das Problem der Einigkeit, da beide Crews unterschiedliche Bojen für die Luvtonnen hielten… bis letztendlich Paul’s Boot beschloss, dass die Ziellinie halt dort sei, wo sie waren und sich selbst zum Sieger erklärten. (Die anschließenden lautstarken und mit beeindruckendem Durchhaltevermögen ausgefochtenen Protestverhandlungen dauert noch bis in den Hafen hinein…)
Am Abend gab es Nudeln mit Tomatensoße und allerlei Gemüse, das zuvor im großem Kreis zubereitet worden war. Nach dem Essen trafen sich alle Boote zu einer großen Runde Werwolf (ein beliebtes Rollenspiel mit Karten) und ließen den Abend gemeinsam ausklingen.
Sonntag: Sloten bis Tjeukemeer
Nach dem Frühstück mussten wir zunächst wieder ein gutes Stück durch Kanäle fahren, konnten aber zum Teil auch dort bereits segeln. Die Strecke führte uns in östlicher Richtung durch die kleineren Wasserflächen “Brandemar” und “Groote Brekken” Richtung Tjeukemeer, wo als Zwischenstation die (sehr) kleine Insel Marchjepollen angelaufen werden sollte. Die meiste Zeit verbrachten wir dabei mit Unterhalten und Musikhören, aber auch die seglerischen Ambitionen kamen nicht zu kurz, da vier der Teilnehmenden sich die Erlaubnis geholt hatten, “teamerfrei” auf einem Boot zu segeln und allen anderen zeigen wollten, dass sie schneller waren. (Bzw. wir wollten ihnen zeigen, dass das so nicht der Fall war, je nachdem).
Hinter dem Prinses-Margriet-Kanal wurde es nochmal spannend, als uns auffiel, dass hier keine hohen Boote mehr fuhren. Und eben niemand die Höhen der beiden Brücken nachgeschaut hatte, die uns jetzt noch vom Tjeukemeer trennten. Wir waren selbst keine großen Pötte, aber mit zehneinhalb Metern Masthöhe erschien es dann doch nicht mehr sicher, bei voller Fahrt unter die Brücke zu fahren. Das vorderste Boot drehte also nochmals ab, um langsam und ohne Fahrt unter die Brücke zu treiben – es passte auch, gerade so zumindest. Während die nachfolgenden Boote also vorsichtig, aber ohne abzubremsen, hinterher fahren konnten, wurde dem vordersten Boot hinter der Brücke bewusst, dass sie ohne Fahrt und im Windschatten fast manövrierunfähig waren. Zum Glück war die gegenüberliegende Fahrwasserseite aber halbwegs frei und bis die nachfolgenden Boote bei ihnen waren, konnten sie sich (nun wieder unter Motor) sicher einreihen.
Damit kamen wir am frühen Nachmittag auch bei Marchjepollen an, die sich für ihre Größe als durchaus gut besucht herausstellte. Ein gewisser peinlicher Aufsetzer sei hier nicht näher beschrieben, es lagen jedenfalls letztendlich alle in einer kleinen Anlegebucht und der Großteil ging schwimmen. Obwohl, in der Retroperspektive ist “herumalbern” vielleicht der passendere Begriff 🙂
Ursprünglich war jedenfalls angedacht gewesen, hier zu Mittag zu essen und anschließend weiter zu fahren. Dazu hätte man aber wieder durch Kanäle fahren müssen, wohingegen das Tjeukemeer als offene Segelfläche weitaus attraktiver war. Die schöne Badegelegenheit, warmes Wasser und trotz allem ausreichend Platz für Fangen und andere Spiele taten ihr Übriges und wir beschlossen, einfach hier zu übernachten. Nach einem gemeinsamen späten Mittagessen (Wraps mit Würstchen, Hotdogs, oder wie auch immer man es nennen mag) fuhr eine Gruppe mit dem Boot zum Baden ein Stück vor die Insel, einige blieben zum Spielen und Plantschen zurück und zu acht fuhren die Verbleibenden nochmals auf einem Boot raus.
Der offene Abend ging schließlich in ein gemeinsames Grillen über, zu dem sich alle an einer kleinen Grillstelle zusammenfanden. Die Auswahl war vielfältig: Neben Würstchen gab es Kräuterbaguette, Grillkäse, Koteletten, Kartoffelsalat und zum Nachtisch Vla (ein klassischer niederländischer Pudding). Und man mag ja über Törnkost sagen was man will, aber die vegetarischen Würste waren offenbar derart gut gelungen, dass zunächst angezweifelt wurde, ob sie denn tatsächlich vegetarisch seien.
Auf einem kleinen Schachbrett wurden währenddessen nicht wenige Partien gespielt und einer recht lang andauernden Partie traten noch mehrere Spieler bei und schlugen sich auf eine Seite, sodass es am Ende eher ein vier gegen eins wurde. Kurz darauf löste sich die Runde auf und trat dem gemeinsamen Werwolfspiel bei. Am nächsten Tag sollte sich noch genug Zeit finden, um weiterzuspielen, und der Tag klang an einem klitzekleinen Lagerfeuer gemütlich aus.
Montag: Tjeukemeer bis Heeg
Seglerisch bahnte sich der Montag als der anspruchsvollste Tag an: Es waren schon früh sechs Windstärken angesagt, die sich gen Nachmittag auf acht steigern sollten. Extra früh aufgestanden (schließlich wollten wir in Heeg noch segeln, bevor die acht Beaufort erreicht sind) waren wir um halb zehn auf dem Wasser – und auch nur unter Fock schon gut unterwegs. Um zurück nach Heeg zu kommen, mussten wir aber direkt am nördlichen Ufer auf Kanäle und somit auf den Motor umsteigen. Als sich auf dem nächsten größeren See, dem “Langwarder Wielen”, die nächste Möglichkeit zum Segeln geboten hätte, stieg schon niemand mehr darauf um: Zu den sechs bis sieben Windstärken gesellten sich Nebel und Schauerregen – das Wetter kann halt nicht immer nur schön sein.
Einige der Jüngeren hielt dies allerdings nicht davon ab, ausgedehnte Nickerchen zu halten und die gesamte Fahrt zu verschlafen 🙂
In Heeg selbst hörte zwar der Regen auf, aber für “Tourisegler”, die der Großteil von uns waren, war es eindeutig zu viel. So kamen wir früher als geplant in Heeg wieder an und hatten mit Aus- und Aufräumen, Boote putzen und Spülen zunächst genug zu tun. Da die Rückfahrt aber erst für den späten Nachmittag angesetzt war, blieb noch genug Zeit, den Törn bei gemeinsamen Spielen ausklingen zu lassen.
Bericht: Nikolai Jenki und Jonas Ingendoh