Vorab: Wir werden von jeder Woche des Ostseetörns einen Bericht online stellen. Weitere Berichte veröffentlichen wir im gedruckten „Hanseaten“ Anfang des nächsten Jahres.
Um es gleich vorweg zu sagen: Kopenhagen lag von Heiligenhafen aus vielleicht noch in Schlagdistanz – der Rückweg nach Heiligenhafen wäre bei den angekündigten Winden aus Süd und Südwest eine wenig erfreuliche „Stampferei“ geworden. Doch auch ohne den Besuch bei Königin Margrethe (ja, den Titel trägt sie immer noch, auch nach ihrer Abdankung) war es ein wirklich abwechslungsreicher, gelungener Törn! Darum an dieser Stelle schon ein herzlicher Dank an Stefan für die Vorbereitung und Organisation des Törns und an die Skipper, die „alles im Griff“ hatten!
Am 16. August können wir die Yachten übernehmen: Balosbay, Nature, Neela und Piet – die wohlklingenden Beneteau-Yachten sind seit dem immer noch lesenswerten Törnbericht 2022 von Hans-Christoph nicht größer geworden. Auf der engen Sitzbank im Salon haben gerade fünf Personen Platz – auf der Piet wird immerhin ein Regiestuhl als Sitzreserve mitgeführt. Und wenn ein „Schwalbennest“ achtern von zwei Menschen belegt wird, müssen die sich schon „gut riechen können“, denn die einzige winzige Luke ermöglicht kaum Luftaustausch – Wie gut, dass nach kurzer Zeit „Geruchsblindheit“ einsetzt … Sicherheitseinweisung und das Verstauen der Vorräte (Das Wasser in der Bilge war also in Flaschen verpackt).
Das Logbuch der Piet weist für den Samstag 37 sm nach Gedser aus, teils unter Segel, teils unter Motor. Das Queren des Kiel-Ostsee-Wegs bringt Begegnungen der besonderen Art – die rote Palladium (unterwegs mit russischem Öl nach Port Said ?!?) müssen wir lange voraus peilen.
Nach einer Vollmondnacht steht dann die Fahrt durch den Guldborgsund an – der Vercharterer hatte unsere Yachten für das enge und flache Fahrwasser freigegeben, der Wind schläft noch und so steht der nautischen Herausforderung, einem Slalom zwischen Fahrwassertonnen, Stellnetzen, Stangen und vielen Untiefen nichts mehr im Weg. Die Neela, rätselhafterweise weit an der Spitze unserer Kolonne, kann uns dabei alle vor einem geradezu gehässig an einem Fahrwasserknick platzierten Stellnetz warnen.
Das „Hase-und-Igel-Rennen“ setzt sich auch am nächsten Tag fort, als sich unsere Flottille im sonnigen Dunst über einer spiegelglatten Ostsee verliert. Die Reihenfolge, in der wir morgens aus dem Sund navigierten, hatte sich nach über 40 sm bis zur schönen kleinen Insel Omö verkehrt. Im kleinen Hafen beobachten wir dann an der beeindruckend häufig pendelnden Autofähre, dass manche Regionen des Münsterlandes schlechter mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind …
Von Omö nach Kerteminde können wir dann Gennacker setzen – alle? Nein, Thomas auf der Nature muss passen, der Vercharterer hatte das Tuch wohl schlicht vergessen. Auf der Piet leuchtet der Windbeutel sogar in Vereinsfarben und bringt ordentlich Zug. (K)ein sorgenvoller Blick hoch zur riesigen Storebæltbroen (Großer-Belt-Brücke) – der Mast bleibt weit unter der maximalen Durchfahrthöhe von 65 m und wir müssen zum Glück auch nicht dieselbe Maut zahlen wie ein Wohnmobil von unserer Länge für die Überquerung (ca. 125 €). Kerteminde präsentiert sich mit Altstadtcharme, einer großen Marina und bringt sich als möglicher Charter-Ausgangshafen ins Spiel.
Früh um 07:00 Uhr geht es am nächsten Morgen auf Südkurs Richtung Marstal. Nach erneuter (anmeldepflichtiger) Passage der Storebæltbroen unter Gennacker erreichen wir das schmale betonnte Fahrwasser bei Rudkøbing. Kräftiger Wind und Seegang verleiten uns zu abenteuerlichen Schätzungen, die in der nautischen Einheit „Seemannsgarn“ abgegeben werden (Plural „Seemannsgerne“ oder „Seemannsgarnie“?). Zwei Schweinswale spielen etwa eine Viertelstunde mit der Piet, der stampfende Bug hat es ihnen besonders angetan. 47,7 sm stehen am Ende des Tages auf der Logge – ein starker Segeltag.
Rund 10 sm weniger sind es dann bis zum kleinen Hafen Orth, der einigen als Drehort und als Liegeplatz des Hausbootes von Hauke Jacobs (gespielt von Hinnerk Schönemann) in der ARD-Krimiserie „Mord bei Nordwest“ bekannt ist. Doch kein Mord muss aufgeklärt werden, unser Einlaufen wird nicht gefilmt, keine Maskenbildner warten am Set – nicht, dass wir es nötig gehabt hätten …
Heiligenhafen liegt am Freitag dicht voraus und dann trennt uns nur der Tankanleger vom Steg des Vercharterers. Nach einer Woche: 220 sm – prall voll mit „Lernangeboten“ oder „Lerngeschenken“ – je nach Perspektive – und Segelerlebnissen in einer schönen dänischen Küstenlandschaft – noch einmal großer Dank an alle, insbesondere Stefan und die Skipper, die das ermöglicht haben!
Holger Hartmann (Text)
Bootsbesatzungen (Fotos)