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SEGELCLUB HANSA MÜNSTER e.V.
Seesegeln - SHM Polen 2017
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Distanztörn mit Nachtfahrt und Wacheinteilung SHM 2017


2016 kam die Idee auf, einen Törn besonderer Art in die Liste der Dickschiff-Angebote des SHM aufzunehmen. Es sollten in 14 Tagen Etmale von mehr als 25 Meilen erreicht werden und auch eine Nachtfahrt mit Wacheinteilung sollte Teil dieses Experiments sein. Als Törngebiet wurde die polnische Ostseeküste von Swinemünde bis Danzig festgelegt. Zwei Hanseatinnen und fünf Hanseaten bildeten letztlich die Crew, von denen fünf zwei Wochen an Bord waren und jeweils eine/einer nur in der ersten bzw. der zweiten Woche Teil der Mannschaft war.
Ausfahrt SwinemündeAm 22. Juli ging es los, mit den Autos nach Swinemünde, einen Teil der Verpflegung hatten wir bereits mit. Vor Ort wurde es erst einmal nichts mit der Übernahme der ABALUS, einer Bavaria 38 cr, da noch ein wenig repariert werden musste. Wir durften nicht einmal unser Gepäck an Bord bringen. Na dann, ein Teil der Crew ging auf Einkaufstour, der andere Teil wartete. Gegen 21:30 Uhr begann die Übergabe, bei der im Wesentlichen auf nicht korrekt anzeigende Instrumente hingewiesen wurde, aber alles andere sei OK.
Einfahrt DzwinowNach der ersten Nacht an Bord ging es am Sonntag bei schwachem Wind aus der unpassenden Richtung auf die Ostsee und unter Segeln und Motor ins etwa 20 Meilen entfernte Dzwinow. Dabei merkten wir, dass der Autopilot nicht funktionierte. Wetternachrichten von diversen Anbietern und die Polish Navigational Warnings (wegen der Sperrgebiete vor der Küste) holten wir über das Internet bzw. den Funkverkehr ein, das klappte die ganze Zeit über gut.
Fischereihafen DarlowoAuch der folgende Tag bot nicht das, was ein Segler sich auf dem Wasser wünscht, aber wir machten das Beste daraus und fuhren mehr als 60 Meilen (als Motorboot, Groß im ersten Reff dicht als Stützsegel) bis nach Darlowo. Unser Supersmutje Hubertus sorgte dafür, dass dabei niemand an Skorbut erkrankte oder vor Hunger die Besinnung verlor.
Die Vorhersage für Dienstag versprach Wind von 4 bis 7 Bft zunehmend aus N bis NO, garniert mit Schauern; da wurde vorsorglich schon einmal das Ölzeug kontrolliert. Aber wir hatten unser Ziel, die Danziger Bucht, vor Augen und wollten bei dem ösigen Wetter wenigstens die etwa 23 Meilen bis Ustka schaffen.
Ausgfahrt DarlowoWieder ging es als Motorboot los und die Hoffnung, dass die Vorhersage falsch gewesen sei, erfüllte sich nicht. Das Wetter wurde nicht besser, der Crew ging es dafür zunehmend schlechter, allmählich verabschiedeten sich drei von uns mit unterschiedlichen Stadien der Seekrankheit, nur Skipper Jürgen, Co-Skipper Ekkes und Navigator Norbert waren noch einsatzbereit.
Dann passierte es. Rudergänger: "Die Maschine läuft nicht mehr!" Einige Schrecksekunden und vergebliche Startversuche später nahmen wir die Genua halb raus, um die Yacht wieder unter Kontrolle zu bekommen. Bei den momentanen Rahmenbedingungen mit etwa 1,5 bis 2 m Welle und einem strammen Sechser über den Wellen war an eine vernünftige Schadensanalyse und –beseitigung nicht zu denken. Unter Segeln bis an die Molen oder in den Vorhafen, ok, und dann? Der weitere Weg wurde durch eine Brücke versperrt, die normalerweise nur zur vollen Stunde für die Schifffahrt geöffnet wurde Kreuzseen und starker Schwell im Seekanal machten die Sache nicht einfacher.
Wir beschlossen, den Hafenkapitän anzufunken und um entsprechende Hilfe bei der Hafeneinfahrt bzw. im Hafen zu bitten. Gesagt, getan, dann ein Telefonat mit dem Vercharterer und dann kam über Funk das SAR-Schiff ORKAN, das vom Hafenkapitän informiert worden war. Nach nochmaliger Schilderung der Situation und unserer Position erklärte ORKAN, sie kämen dann mal raus um nachzusehen. Kurze Zeit darauf waren sie in Sicht und setzten erst eins, dann zwei Schlauchboote aus, um uns zu eskortieren. Da potentielle Hilfe jetzt vor Ort war, holten wir drei das Groß noch raus bis ins zweite Reff und steuerten dann die Molenköpfe an. Geschafft, Segel runter, die Schlauchboote gaben uns eine Leine, die Brücke war – ein SAR Einsatz – offen und wir wurden geschleppt und geschubst, bis wir an die Kaimauer in der Hafeneinfahrt gedrückt wurden, wo wir festmachen konnten. Mit freundlichem Winken verabschiedeten sich unsere Helfer und wir konnten trotz des starken Schwells an unserem Liegeplatz erst einmal richtig durchatmen. Der Hafenmeister war sehr zuvorkommend und bot uns Hilfe für die Reparatur an, aber da hatte der Vercharterer ein P vorgesetzt und angekündigt, am kommenden Tag kämen eigene Mechaniker um den Schaden zu beheben, gegen Mittag sollten sie vor Ort sein.
Undefiniertes Etwas verstopfte die TeribstoffleitungEin unverhoffter Hafentag und Schietwetter, nicht gut für die Stimmung, trotz mehrfacher Kontrollen hatten wir nachts einen Fender verloren und konnten nur Warten. Offenbar bekam der Motor keinen Treibstoff mehr aber mit Bordmitteln war nichts zu machen. Skipper und Co gingen rüber zu ORKAN, um sich für die Hilfe zu bedanken und wurden mit typisch polnischer Höflichkeit und Gastfreundschaft begrüßt und bewirtet, ein gutes Zusammentreffen. Zwei Crewmitglieder konnten das nachmittags noch toppen, indem sie ihrerseits mit einer ordentlichen Portion Gebäck einen weiteren Dankeschön Besuch bei den SAR Leuten starteten.
Gegen 18:00 Uhr tauchten die Monteure auf und begannen mit ihrer Arbeit. Die Treibstofffilter wurden getauscht, aber sie waren nicht zugesetzt, das konnte die Ursache nicht gewesen sein. Weiteres Suchen brachte dann in der Treibstoffleitung eine etwa 10 cm lange Wurst zu Tage, die praktisch keinen Tropfen Sprit mehr durchgelassen hatte. Was es war, wissen wir nicht, Dieselpest wurde von den Monteuren ausgeschlossen. Sicherheitshalber wurden vom oberen Bereich des Tanks und auch vom unteren Bereich etwa 20 bis 30 Liter Diesel abgepumpt, auch hier war keine Verschmutzung oder Dieselpest zu erkennen. Den Autopilot konnten sie leider nicht reparieren, " ... da sind Komponenten verbaut, die untereinander nicht kompatibel sind, da muss was ausgetauscht werden ..." war die Aussage. Aber der Motor schnurrte wieder und wir verholten auf Ansage des Hafenmeisters in den Fischereihafen, wo wir – mit deutlich weniger Schwell – längsseits an einem Fischerboot festmachten. Ausgerechnet dieses Boot wollte am nächsten Morgen um 5:00 raus, das war dann das Tüpfelchen auf dem I dieser zwei Tage!
Der Taucher ist fertig .. Tauchen nach der teuren Brille
Nach dieser Aktion stand fest, auch die Tankanzeige ist defekt, entweder voll oder leer, andere Stellungen kannte sie nicht. Aber das war jetzt egal, es gab Wind aus der richtigen Ecke, wir konnten über 30 Meilen segeln, z.T. mit gesetztem Bullenstander, und erreichten nach dem ersten schönen Segeltag Leba, das bekannt ist für seine große Düne.
Es ist Donnerstag, der 27.7. und wir müssen uns für einen Crewwechselhafen entscheiden, die Danziger Bucht ist bei den aktuell bekannten Bedingungen mit Regatta, gesperrtem Stadthafen und weiteren Einschränkungen nicht mehr unser Ziel.
Wladyslawowo, der große Fischereihafen am Beginn der Halbinsel Hela, ist etwa 35 Meilen entfernt und bietet eine gute Eisenbahnanbindung auch an den Flughafen Danzig an. Dort segeln wir am nächsten Tag hin, manchmal schalten wir die Maschine zu um die V-Batterie zu laden, und nach 184 Meilen ist die erste Hälfte des Törns vorüber, nicht ohne eine weitere Überraschung. Beim Anleger verheddert sich die Brille von Hubertus – ein teures Stück – reißt sich vom Sicherungsbändsel los und verschwindet neben der Yacht im Schlick in ca. 4 Meter Tiefe des Hafengrundes. Na ja, einfach geht wohl nichts bei diesem Törn!
Samstag der 29. Juli 2017, ein sonniger Tag zum Faulenzen! Katharina machte sich auf in Richtung Flughafen, Karsten saß im Zug Richtung Yacht, Sabine verschlug es an den schier endlosen Strand, Norbert und Hubertus eroberten Danzig mit der Eisenbahn und Ekkes und Jürgen taten so dies und jenes.
Ein neuer Fender wurde gekauft und es gelang, einen deutschsprachigen Taucher aufzutreiben, der nach der Brille tauchen wollte. Endlich rihtig segelnUnbeirrt von der Bungee-Jump-Anlage (einem 60 m hohen Autokran mit Gondel und Gummibändern) direkt neben dem Yachtanleger zog der Taucher sich um und verschwand im trüben Wasser, wir hatten wenig Hoffnung. Als er jedoch wieder auftauchte und mit Daumen und Zeigefinger ein O formte, wussten wir, er hat etwas gefunden, es war eine Brille und in der Tat die von Hubertus. Ein gelungener Start in die zweite Törnwoche.

Am nächsten Tag ging es auf den Rückweg, den wir viele Stunden lang segelnd verbrachten. Karsten war für Katharina an Bord gekommen, wir waren wieder zu sechst und die Yacht legte ein ordentliches Tempo vor.
endlich richtig segeln Zurück nach Leba, wo wir am Anleger für die Tanke festmachen mussten, so voll war es in der Marina.


Die Vorhersagen für die nächsten 24 bis 36 Stunden waren so günstig, dass der ersehnte
Nachtschlag in Angriff genommen werden konnte. Das bedeutete, Zeit bis 18:00 Uhr, dann den Smutje ein gutes Werk tun lassen, Vorbereitungen für die Nachtfahrt treffen und gegen 19:30 auslaufen.
Sabine und Karsten nutzten die Gelegenheit, auf die Düne hochzukraxeln, die übrigen ließen es ruhiger angehen. In der Seekarte wurden Grenzen eingetragen, die nicht überfahren werden durften. Westenpflicht und Einpickpflicht in der Dunkelheit gilt genau so wie stündliches Eintragen der Position in die Karte bzw. das Logbuch. Kontrolle der Batterien unter Segelfahrt, bei Dunkelheit maximal im ersten Reff segeln und einige andere Kleinigkeiten wurden definiert und besprochen. Wachwechsel alle drei Stunden, Beginn um 20 Uhr.
Der Mond wartte schon auf ganzer Höhe - diese Sonne gibt den Zepter ab.Sunset on Board Nach dem Essen gegen 19:30 war es dann soweit, Auslaufen und bei ziemlicher Flaute unter Motor in den Abend hineinfahren, Sabine und Jürgen waren Wache 1, sie wurden um 23:00 abgelöst von Wache 2, Norbert und Karsten und um 02:00 hatten Ekkes und Hubertus die ABALUS unter ihrer Kontrolle. Dann setzte der versprochene Hubertus ist stockfinsterer Nacht Wetterwechsel ein, Wind kam auf, Segel konnten in stockdunkler Nacht - der Mond war bereits untergegangen - gesetzt werden und ab kurz nach 03:00 ging es ohne Maschine nur unter Segeln mit guter Fahrt weiter, bis nach mehr als 80 Meilen gegen Mittag Kolberg Ansteuerung als Ziel definiert wurde. Etwa gegen 15:00 Uhr machten wir im völlig neuen Gästehafen von Kolberg fest und freuten uns über die tolle Fahrt, den tollen Sonnenuntergang und die tolle Strecke die wir zurückgelegt hatten.

Es war der erste August und gegen 17:00 Uhr heulten für eine Minute die Sirenen, das öffentlich Leben stoppte und die Polen erhoben sich von ihren Plätzen, es war eine Schweigeminute zum Gedenken an den Aufstand im Warschauer Ghetto.
Mrzezyno

SegelnDie nächsten zwei Tage kamen uns wie Kürlaufen vor, herrlicher Wind, schöne kleine Kreuzschläge, segeln nach Wind und Sicht, erst bis nach Mrzezyno, den folgenden Tag bis nach Dziwnow.
Und dann war da auch schon unser letzter Segeltag, es ging nach Swinemünde. Diesmal kam der Wind mehr von vorn, aber mächtige Kreuzschläge brachten uns bis an den Seekanal von Swinemünde.

Die Strecke hatte sich durch die Kreuz glatt verdoppelt, aber wir haben jede Meile genossen.
Al HamlaEin riesiger Gastanker, die "AL HAMLA" mit einer Bruttoraumzahl von über 130.000 Tonnen, der von mindestens 4 Schleppern bugsiert wurde, versperrte uns den Weg in den Hafen und wir durften einige Kringel fahren, bis sich der angestaute Verkehr so entzerrt hatte, dass wir gefahrlos einen Platz in der Marina Swinemünde suchen und auch finden konnten.
Ein ereignisreicher 389 Meilen Törn war zu Ende. Die Übergabe am folgenden Morgen war problemlos, wir listeten die festgestellten Mängel auf, berichteten vom Ausfall der Maschine und bekamen anstandslos den Freibrief, das Übergabeprotokoll und die Kautionsanfrage zurück.
Crew der 2. Woche
Fünf fröhliche Hanseaten und eine mindestens ebenso fröhliche Hanseatin machten sich dann, nach dem Niederholen des Clubstanders, in drei Autos auf den staugefährdeten Rückweg nach Münster.
Für mich war es ein kurzweiliger, interessanter Törn, bei dem ich auf meine alten Tage noch einiges dazugelernt habe.
Sollte diese Art von Törn wiederholt oder beibehalten werden, wäre darüber nachzudenken, ob ein geschlossener Törn für zwei Wochen ohne Crewwechsel nicht sinnvoller ist. Bei widrigen Winden könnte dann z.B. dem Wind gefolgt werden ohne nach einer Woche ein definiertes Ziel erreichen zu müssen. Beispiel schwedische Küste, ob ein Schlag von Rügen bis Visby (Gotland) oder nur bis Byxelkroog (Oland) gelingt oder über Bornholm doch Danzig angelaufen würde, hinge fast nur vom Wetter ab.
Jürgen von der ABALUS

 

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