Die Schönste ist sie ja nicht im Hafen und auch nicht die Schnellste auf See. Ein bisschen schmuddelig kommt sie daher und erinnert entfernt an eine Walnussschale, die Rettungs-Ketsch AGLAIA mit Heimathafen "Wien" (Barawitzka lässt grüßen!). Trotzdem hat sie einen Charme, dem ich am Ende ganz erlegen bin...
Zwölf Tage war sie dieses Jahr für den SHM reserviert. Das war ein Novum und eine logistische Herausforderung bei der mehrfach wechselnden Crew und den an verschiedensten Häfen geparkten PKWs.
Beim ersten Crew-Wechsel am Sonntag Abend kam ich in Kiel-Holtenau an Bord. Einen guten Tag brauchte ich dann schon, um meinen Magen wieder an die Ostsee zu gewöhnen und mich an Bord zurecht zu finden. Als Gute-Nacht-Lektüre gab mir Heiko, unser Skipper, den Belegplan an den Nagelbänken und das Bord-Handbuch. Was war noch mal das Klau-Fall und vor allem wo war das festgemacht?
Allen vorhergesagten Gewittern und Stürmen zum Trotz waren wir dann die ersten Tage bei bestem Segelwetter unterwegs, so dass die alte Dame mit guter Krängung Richtung Maasholm die Ostsee durchpflügte und dann weiter über Hoeruphav (einem netten kleinen Hafen östlich von Sonderburg) wieder in die Kieler Bucht nach Laboe, wo wir einige weitere SHMler an Bord nahmen. Bagenkop und Orth (auf Fehmarn), Neustadt und schließlich der Museumshafen in Lübeck waren die weiteren Ziele.
Leider flaute der Wind während der Woche immer weiter ab, doch das bot uns die Gelegenheit, an Lappen hochzuziehen, was da so an Bord zu finden war: ein Jager als drittes Vorsegel und ein Topsegel über der Großgaffel – da schlugen unsere Seglerherzen höher! (Doch was war jetzt noch mal ein Jolltau?) Leider kam unsere alte Lady mangels Wind trotzdem nicht so recht in Fahrt und irgendwie konnte der Leuchtturm Kiel sich kaum von uns trennen. Es half nichts: Motor an! (Sofern er denn ansprang... aber nach einem kleinen chirurgischen Eingriff durch Bernhard war auch dieses Problem gelöst.)
Unser gemächliches Reisetempo verlockte zum Angeln. Peter war perfekt ausgestattet, doch wahrscheinlich war die Auswahl der zahlreichen Angeln für die armen Fische zu verwirrend; jedenfalls fingen wir dieses Jahr nichts (im Gegensatz zu früheren Jahren, wie gerüchteweise erzählt wurde). Nur einigen Dosen, die in hintersten Schaps aufgefunden wurden und in polnischer Schrift (oder war es litauisch) verrieten, dass sie wohl Thunfisch enthielten, war es zu verdanken, dass die Bordküche mit Fisch aufwarten konnte.
Und natürlich kamen auch unsere Sextanten zum Einsatz. Wir wollten unserem Anspruch als "Astro-Törn" doch gerecht werden! Was wir im Winter über bei Ekkes gelernt hatten, wurde jetzt dem Praxistest unterzogen. Vor allem Michael zeigte sich dabei akkribisch und fleißig. Lieber Ekkes, leider konntest Du krankheitsbedingt nicht mitfahren, aber unsere Astro-Berechnungen dürfen Dir zur Ehre gereichen!
Adieu, Aglaia, Du alte Dame! Irgendwie hab ich mich verliebt... Ich freu mich schon auf's nächste Mal!
Dank an die tolle Seglergemeinschaft an Bord und Dank an Stephan für die Orga und Vorbereitung!
Achja, Heiko, einen Wunsch hätte ich noch: Könnten wir nicht vielleicht beim nächsten Törn mal 'ne Wende fahren? Auf dem Aasee üben wir das nämlich richtig gut!
Hubertus Deuerling