Rasmus war uns Teilnehmern der zweiten Woche der diesjährigen Mittelmeer-Flottille gnädig. Er bewahrte uns mit einer milden und sonnigen Wetterlage vor der Seekrankheit. Doch hatte dies auch seine Schattenseite. Ihr seglerisches Können konnten die sechs Crews nicht an jedem Tag so unter Beweis stellen, wie sie und unsere Skipper sich das gewünscht hätten. Das tat aber der guten Stimmung und dem hohen Erlebniswert unserer Fahrt keinen Abbruch.
Nach einem ruhigen Flug im Morgengrauen von Köln nach Split ging es mit dem Bus weiter nach Dubrovnik. Die Fahrt entlang der Küstenstraße machte mit der atemberaubenden Landschaft Lust auf mehr/Meer. Nachdem die Crews ihre Segelyachten bezogen und Vorräte geordert hatten, ging es aber zunächst mit dem Linienbus in die Altstadt von Dubrovnik. Wer zum ersten Mal dorthin kam, dem verschlug es den Atem ob der Schönheit dieser Stadt. Die Crew der MIHA durfte den Sonnenuntergang in einem einzigartigen "Fels-Küsten-Bistro" mit Blick aufs Meer genießen.
Am Sonntagmorgen wollten die Crews den Yachthafen von Dubrovnik voller Ungeduld zügig verlassen. Wir hatten aber die Rechnung ohne unseren verantwortungsvollen, auf Sicherheit bedachten Skipper gemacht. Insbesondere die Unerfahrenen unter uns mussten sich einem Crash-Kurs im Leinenwerfen und anderen seglerischen Handgriffen unterwerfen. Aber es machte Spaß, insbesondere die Modenschau mit den Schwimmwesten. Die Crew der MIHA durfte in der Bucht vor Dubrovnik noch ein Segelmanöver üben: "Mütze über Bord!" hieß es, als unserem Skipper Klaus die Hansa-Mütze vom Kopf wehte. Das Manöver verlief tadellos; nur ließ uns die Mütze im Stich – sie konnte nicht schwimmen.
Den zweiten Abend verbrachten wir nach gelungenem Anlegemanöver (Klaus: "Zwischen Anlegen und Anlegebier passt kein Blatt Papier") in einer kleinen Bucht bei Sobra auf der Insel Mljet. Die Bucht lud zum Schwimmen ein; Helmut und Gunnar ließen Poseidon vor Neid erblassen. Das Abendessen nahmen wir in einem Restaurant ein, das direkt am Steg lag. Fischgerichte dominierten die Speisekarte, z. B. eine frisch gefangene, gegrillte Zahnbrasse. Der Abend klang aus mit den zur Gewohnheit werdenden Besuchen der Schwester-Crews untereinander.
Bei der Weiterfahrt zum Städtchen Korcula auf der gleichnamigen Insel ließ uns Rasmus im Stich. Die anfangs hoffnungsvoll gesetzten Segel mussten wegen Flaute geborgen werden. Unter Motor erreichten wir unser Ziel. Im Städtchen Korcula, in der unser großes Vorbild Marco Polo geboren sein soll, bestiegen einige den Glockenturm von St. Markus und wurden mit einem traumhaften Blick bei Sonnenuntergang belohnt. Mehrere Crews aßen in einem Restaurant unter freiem Himmel an der Stadtmauer. Die Insel Korcula wurde auf der MIHA übrigens "Stiletto-Island" getauft (Eingeweihte wissen Bescheid).
Am nächsten Vormittag segelten wir weiter. Unser Ziel, eine unbemannte Bucht auf der kleinen Insel Scedro, in der wir vor Anker gingen, erreichten wir durch Kreuzen; da ging das Segler-Herz auf. Beim Ankern wurde zusätzlich eine Achterleine (Landfeste) an einem Poller befestigt. Dingi-Käpt'n Helmut erfuhr, dass nicht alles, was von Weitem nach Poller aussieht, auch ein Poller ist. Die Bucht selbst lud zum Schwimmen ein und natürlich auch zu Besuchen der anderen Crews mit dem Dingi-Shuttle. Das Abendessen mit anschließender geselliger Runde fand an Bord statt.
An unserem nächsten Zielort, St. Klement auf einer kleinen Insel vor Hvar, erwartete uns an der Rückseite der Landzunge, an der der Hafen liegt, ein traumhafter Badestrand, von dem viele Gebrauch machten. Einige Crews gingen anschließend zum Essen in die Restaurants auf dieser Landzunge, andere bereiteten das Abendessen in der Kombüse. Am Morgen wurde der Hafen zur Wettkampfstätte. Im ersten Wettkampf paddelte aus jeder Crew ein männliches Mitglied seine weibliche Fracht. Nach erbittertem Kampf siegte Peter mit seiner Katharina als Passagier. Aber auch die anderen Teams, vor allem die Passagiere, machten eine gute Figur. Im zweiten Wettkampf durften sich unsere Kinder, die schon in der "Anker-Bucht" das Dingi-Paddeln geübt hatten, beweisen. Sieger im Einer-Dingi wurde Jobst.
Der eigentliche sportliche Höhepunkt der Flottille fand aber erst am anderen Morgen auf hoher See statt. Nachdem Rasmus im Zuge der Gleichberechtigung seiner Frau den Vortritt hatte lassen müssen ("Rasmusa, alte Rübensau, wir grüßen dich, Rasmus' Frau"), erblickte unser MIHA-Skipper Klaus bei leidlichem halben Wind von Steuerbord auf der Backbordseite die von Susann und Ekkes geführten Schiffe. Sofort blitzte sportlicher Ehrgeiz in seinen Augen auf. Nach erbittertem Kampf der gesamten Crew, zunächst gegen Susann, dann gegen Ekkes – unser Schiff nahm den auf der Lee-Seite liegenden Schiffen den Wind –, zog die MIHA souverän davon. Die Hackordnung im Hansa-Klub wurde nicht in Frage gestellt. Wir erreichten unser Ziel, das malerische Städtchen Milna auf der Insel Brac mit seinem morbiden Charme, und landeten direkt am Steg in einem Restaurant, das uns u. a. einen frisch gefischten Tunfisch mit kapitalen Ausmaßen anbot. Direkt neben dem Grill aufgehängt, wurden diesem die Steaks aus der Seite geschnitten und aufs Rost gelegt; frischer und leckerer geht es nicht. Übrigens gingen an diesem vorletzten Abend alle Crews gemeinsam essen. Klaus hielt eine kleine Ansprache, in der er sich u. a. für das Engagement aller Beteiligten, besonders der Skipper, bedankte. Der Abend blieb dem Feiern der durcheinander gemischten Crews vorbehalten ("Rasmus, alter Kugelblitz, bring' uns neuen Slivovitz!").
Unsere letzte Fahrt mit leidlichem, später nachlassendem Wind führte uns nach Split. Zuvor wurde mit allen Crews noch ein Gruppenfoto der zweiten Woche der Kroatien-Flottille geschossen. In Split sahen wir im Stadthafen ein riesiges Kreuzschiff, wie wir sie auch schon in Dubrovnik gesehen hatten. Wir waren uns einig, dass unsere Art der Seefahrt mit dem ihr eigenen Naturerleben und der überschaubaren Geselligkeit (44 inklusive zweier Meerjungfrauen statt 1500 oder gar 3000 Passagiere) vorzuziehen ist.
Im Yachthafen angekommen, erwartete uns ein Heer an Masten, das ahnen lässt, wie viele Segelyachten im Sommer unterwegs sind. Die Crews fuhren mit Sammeltaxen oder dem Bus in die sehenswerte Altstadt von Split. Sie ist die einzige Stadt der Welt, die aus einem Kaiserpalast hervorgegangen ist, nämlich aus dem von Diokletian.
Abends saßen einige Crews in einem Restaurant im Yachthafen und durften neben dem leckeren Essen auch das Schauspiel feiernder russischer Crews mit großen Pokalen, herausgeputzten Damen und hochprozentigen Getränken verfolgen. Meiner Gaby sollte das zu mitternächtlicher Stunde noch zugute kommen. Der schmale "Laufsteg" der MIHA zum rettenden Ufer war diesmal besonders lang. Zum Austreten reichte es noch. Dann schwand ihr aber der Mut, die allzu schmale Brücke aufs Schiff zu betreten. Da bot sich ihr unvermittelt die Chance zur Völkerverständigung: Ein junger Russe half ihr galant an Bord.
Mit Wehmut fuhren alle Flottillen-Teilnehmer (bis auf die Autofahrer) am nächsten Morgen zum Flughafen Split. Auf dem Rückflug nach Köln und der Busfahrt nach Münster konnten wir uns eines gelungenen Urlaubs zu Land, zu Wasser und in der Luft erinnern. Unser Dank gilt dem Hauptorganisator und Skipper Klaus sowie seinen Mit-Skippern Bernhard, Ekkes, Ralph, Volker und nicht zuletzt der Skipperin Susann. Ohne das Wohlwollen von Rasmus wären aber auch unsere Skipper machtlos gewesen.
Deshalb: "Rasmus, altes Rübenschwein, please, hold the line!" (Willy K.)
Infos zum -Törn Bei Maps-google ist ein kommentierter Bericht der Route der Stipan einzusehen. |