Sind Polyvalken kentersicher?
Heeg, Samstagmorgen, Törnbesprechung, Oudega ist das Ziel, und ein Reff im Groß scheint den
Verhältnissen zu entsprechen. Alle sind bester Laune und freuen sich auf einen schönen Segeltag.
Dass die Hinfahrt ein wenig feuchter und auch ruppiger wird, zeigt sich erst, als wir auf dem Heeger Meer "freien Raum" vor uns haben, und die Valk auf der Kreuz in den kurzen Wellen
immer wieder unsanft eintaucht. (...)
Da wir nach dem Besuch von Oudega alle eine trockenere Rückreise wollten, wurden überall
zwei Reff s eingebunden, und so ging es bei leicht böigem Wind auf die "Heimreise".
Kurz vor der ersten Wende im Flakke Brekken passierte es:
Unsere Valk legte sich, wie von einer unsichtbaren Hand erfasst, innerhalb von Sekundenbruchteilen auf die Backe, und wir uns ins Wasser.
Der Ruf "alle Schoten los" konnte es nicht mehr verhindern. Glücklich wurden alle Mitsegler von niederländischen Sportseglern, die zu Hilfe gekommen waren, unversehrt geborgen und auf
unsere übrigen Boote übergeben. Von der Maststütze bis zur Sitzbank konnte ebenfalls alles
geborgen und auch alle Schoten gelöst werden.
Der zweimalige Versuch das Boot, ähnlich wie eine leichte Jolle, aufzurichten, scheiterte wohl an den geschätzten 600-800 Litern Wasser in der Plicht, denen ich nichts entgegensetzen konnte – so schnell wie der Mast oben war,versank er auf der anderen Seite wieder im Wasser und im Schlick. (...)
Schließlich wurde ein Hilferuf an den Vercharterer abgesetzt. Die meisten Helfer setzten ihre Reise fort, bis auf zwei unserer Boote. Ich ließ mich von der gut organisierten und gut ausgestatteten (Ersatzkleidung etc.) Crew von Boot 18 nun abbergen, und nach kurzem "Kriegsrat" versuchten wir noch einmal die Gekenterte aufzurichten: Zuerst nahmen wir zu zweit das Vorstag am Decksbeschlag auf, und hangelten uns langsam zum Masttop vor. Dann drehten wir das Boot langsam in den Wind.
Anschließend zogen wir das Boot wieder zu zweit an der Want, die noch unter Wasser war, langsam zu uns hin und richteten den Mast immer weiter auf. Dabei war bemerkenswert, dass,
obwohl der Masttop sich fast 1,5 m über dem Wasser befand, das Boot sich nicht von selbst
aufrichtete. Es war doch schon zu viel Wasser drin. So wurde unter Zuhilfenahme des Stakens
der Mast von einem weiteren Helfer weiter nach oben gedrückt, während der Steuermann mit
Pinne und Motor beide Boote im Wind hielt. Die
völlig instabile Valk hielten wir weiter mühsam
in der Waage, der Helfer, der vorher den Staken bediente, ging an Bord der "schwangeren" Valk,
barg die Segel und lenzte mit einem Behälter von dem zweiten beiliegenden Boot in einer
affenartigen Geschwindigkeit den Rumpf fast leer, während der Steuermann das "Gespann"
weiter im Wind und auf Kurs hielt. Die angeforderte Hilfe rauschte in diesem Moment heran
und nahm die noch nicht vollständig gelenzte Valk ins Schepp.
Auf Nachfragen und Analyse des Geschehens vor der Kenterung stellten wir fest, dass mehrere
Fehler zu der Kenterung führten: Dem Skipper fehlten Information über Können und Erfahrung der Crewmitglieder und setzte sie falsch ein bzw. instruierte sie unzureichend. Alle Schoten waren
in Curry-Klemmen fest, die Schoten jedoch nicht für den Notfall in der Hand zum schnellen Loswerfen.
Ob die nicht-gereffte Fock entscheidend zum Geschehen beitrug, sei dahingestellt.
Ich danke noch einmal allen Beteiligten, die dazu beigetragen haben, dass alle "Schiffbrüchigen"
unbeschadet geborgen und "trockengelegt" wurden, besonders dem großartigen Einsatz der
niederländischen Segelkollegen, die mit zwei Booten ohne Rücksicht auf ihr Material immer
ganz nah am eigentlichen Geschehen waren und
uns tatkräftig geholfen haben. Es war auch für
alle Beteiligten eine wichtige Erfahrung, was bei
einer Kenterung zu tun ist und wie man eigentlich
relativ einfach einen vollgelaufenen Valken
wieder aufrichtet.
(Christian)