Vor der Idee zu einem generationsübergreifenden Törn lag die Weihnachtsfeier. Gerade zu dem Zeitpunkt an denen die Kinder der Kindheit entwachsen, so die Meinung der Anwesenden, sollte es eine Möglichkeit geben, gemeinsam seglerischen Herausforderungen zu begegnen. Entsprechend wurde der Törn mit der Planung der „Aglaia“, einem geräumigen Traditionssegler des gemeinnützigen Vereins „Sail-Aglaia e.V.“ abgestimmt und am Schwarzen Brett des SC Hansa bekannt gemacht. Motto: „Spaß haben – statt – Meilenfressen“.
Die Resonanz war trotz der allgemeinen Zustimmung während der Weihnachtsfeier verhalten und erst kurz vor dem anvisierten Termin konnte eine gemeinsame Crew mit dem Aglaia-Verein gebildet werden. Drei Väter und fünf Kinder überwiegend zwischen 14 und 11 Jahren planten schließlich ernsthaft, angestachelt durch das sonnige Osterwetter, einen Ausflug auf die Lübecker Bucht und das Fahrgebiet von Neustadt. Jüngste im Bunde war die erst fünfjährige Sofie.
Nach einer reibungslosen Anreise am Montag wurden schnell die Kojen bezogen, um am nächsten Morgen zu früher Stunde, begleitet von den guten Wünschen der winkenden SHM-Mitglieder André Venherm und Peter Timmer von der Lübecker Drehbrücke, die Trave hinunter zur Ostsee zu motoren. Der ständige Ostwind begleitet von einem strahlend blauen Himmel bescherte der jungen Crew eine aufregende, aber zugleich entspannte Überfahrt nach Neustadt, wo ihr nach einem hervorragenden Anlegemanöver sofort ein leckeres Eis als Belohnung winkte. Unter Deck klang dann der Abend mit gemütlichen Spielrunden aus.
Die Sanitäranlagen mit Chips-Duschen waren am nächsten Morgen für Manchen eine weitere Entdeckung, jedoch der knappe Vorrat an Wertmarken machte die Angelegenheit sehr kurz, so dass das Boot schon um 11:00 Uhr bereits draußen auf See stand. Die Lage hatte sich jedoch geändert und während des Aufkreuzens gegen einen frischen Nord-Ost wurde bei der Ansteuerung des Lübeck- Gedser-Weges schnell deutlich, dass ein Beharren auf das Fernziel Wismar die junge Crew überfordern würde. Problemlos einigten sich alle auf eine Kursänderung gen Travemünde, auf einem Kurs der die Mägen schnell beruhigte. Der Wind legte ständig zu, so dass es schon eines besonderen Einsatzes aller Jungs bedurfte, vor der Traveeinfahrt das große Gaffelsegel zu bergen. Bedauerlicher Weise war der Fischereihafen durch die Fangflotte völlig belegt, so dass uns der Hafenmeister nur noch einen Platz im Schwell des Ostpreußenkais geben konnte. So schiefen wir, sanft gewiegt durch die hereinströmenden Ostseewellen, nach dem anstrengenden Tag den neuen Ereignissen entgegen.
Nord-Ost – Nord-Ost – Nord-Ost!! Dabei strahlend blauer Himmel. Auf ein Abflauen des Windes unterhalb von 6 Bft. hoffend, animierten die Väter die jüngeren Crewmitglieder zu einem Landgang mit Besuch des Wochenmarktes in Verbindung mit einer Erkundung der festliegenden „Passat“ am Privall. Das Beklettern der Decks und das Hinabtauchen in den geräumigen Rumpf des Schiffes hinterließen sichtlich einen starken Eindruck. Zumindest wurde hinterher ein gutes Stück des Taschengeldes gegen Souvenirs eingetauscht.
Obwohl die vorangegangene Nacht nicht unangenehm war, bestand bei allen der Wunsch nach etwas besseren Sanitäranlagen und weniger kalten Wind. Daher beschloss der Skipper die Trave hinauf zur Terhoffinsel zu segeln, um im Windschatten der Bebauung auf ein Abflauen zu hoffen.
Auf der Trave hatte in den letzten Tagen der Hering sein jährliches „Stell-Dich-Ein“ begonnen. Jeder Platz am Ufer war von eifrigen Anglern besetzt und der Käpt`n schwor, wenn es erst so richtig losginge, könne man den Fisch mit einer durchbohrten Pütz direkt aus dem Wasser fischen. Schnell schleppten also die Jungs aus dem Salon die „Hungerpeitsche“ herbei, um sie unter sachkundiger Anleitung zu bestücken. Leider war die Sehne der Angel zu alt, so dass die Wobbler und Blinker zusammen mit dem Blei abrissen. Etwas frustriert erreichten wir den Hafen im Nordarm der alten Trave, wo wir wegen des starken Seitenwindes einige Zeit, Manöver und Ticks brauchten, bis wir sicher in einer Box lagen. Dank der glücklichen Zusammenarbeit aller, wobei uns die flinke Wendigkeit der Jungs sehr zustatten kam, klappte es aber auch diesmal.
Der Wetterbericht des nächsten Tages meldete: Nord-Ost – Nord-Ost- Nord-Ost! 6 -7 Bft. Scheibenhonig! Also erst mal abwarten. Die Kid`s verzogen sich nach einem ausgiebigen Frühstück unter Deck, die mitgebrachten Spiele durchzuzocken. Die Väter sorgten derweil für das leibliche Wohl. Am Nachmittag dann, wurde zum Aufbruch geblasen, um mit den jüngeren das Lübecker Holstentor zu erkunden. Die neue Ausstellung dort ist sehr jugendgerecht, so dass problemlos 2 Stunden Aufenthalt möglich sind. Anschließend wurde auf dem berühmten Marktplatz vor der imposanten Kulisse des Rathauses das noch berühmtere „Niederegger Eis“ niedergeschleckt.
Trotz des gemütlichen Ausklangs an Bord der „Aglaia“ mit launiger Unterhaltung wurde von den münsteraner Kindern der Wunsch wach, den letzten Tag noch mal ausgiebig mit den daheim gebliebenen Freunden zu verbringen. Das Angebot noch mal die Trave bis zur Mündung zu erkunden wurde daher – sehr zum Bedauern der Väter – abgelehnt.
Trotz allen Widrigkeiten denke ich, dass es ein froher, friedlicher und ereignisreicher Törn war – und zumindest Aaron bat: „Papa machen wir das nächstes Jahr wieder?“
Crew:
Skipper: Burkhardt Möller (Sail-Aglaia)
1. Maat: Stephan Brunnert (SHM)
2. Maat: Michael Hebgen (Sail-Aglaia, SCM)
Deckshand:
1. Aaron Brunnert (SHM)
2. Robert Sperling (Sail-Aglaia)
3. Jonas (Sail-Aglaia)
4. Linus (Sail-Aglaia)
5. Sofie Hebgen (SCM, Sail-Aglaia)
Stephan Brunnert