Von Hosenträgern, Schokoladenseiten und Tellern
Die Mahlzeiten und die richtige Bekleidung spielen bei Flottillentörns und -trainings immer eine gewichtige Rolle. So auch vom 18. bis zum 20. März 2022 in Lemmer/NL. Aber dazu später mehr.
Vorbereitung
Nach der COVID-bedingten Unterbrechung im Vorjahr fanden sich wieder rund 25 Vereinsmitglieder mit sechs SHM-Skippern zum Training von Hafenmanövern ein.
Die perfekte Organisation durch Beate und die Skipper sowie obligatorische Themenabende zur Theorieauffrischung sollten die Veranstaltung zu einem vollen Erfolg werden lassen. Unter 200 € pro Nase (inkl. Charter, Versicherung, Pkw-Spritkosten, Mahlzeiten, Organisation) und maximaler Lernerfolg versprachen ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Die Anreise erfolgte in Privatwagen bei strahlendem Sonnenschein, Wind (ENE, 4-5, in Böen 6), aber wenig frühlingshaften Temperaturen. Bis Sonntagmittag änderte sich am Wetter nichts grundsätzlich, bevor ein angekündigtes, aber überflüssiges Regenband durchzog und die letzten nimmersatten Besatzungen und alle Pkw-Belader einweichte.
Boote, Besatzungen und Bibbern
Die Boote wurden bei Enjoy Sailing gechartert. Es handelte sich um bestens ausgestattete 37er Bavarias, die wir in gutem Zustand vorfanden; es war ja auch der erste Einsatz der Boote in der beginnenden Saison.
Dank Bordheizungen und Heizlüftern wurden die Boote samt Besatzungen schnell warm; heißes Abendessen und das eine oder andere alkoholische Getränk führten flugs zu einer heimeligen Bordatmosphäre.
Nicht nur an Bord „meines“ Bootes Annika mit Ekkes als mit allen Wassern gewaschenem Skipper rückten die Alltagsgedanken, unterstützt durch bekannte Gesichter, großes Hallo und teils tiefgründige Gespräche über Gott und die Welt, schnell in den Hintergrund.
Nach einer kalten Nacht klingelten um 7 Uhr die Wecker. Fix aufgestanden, Katzenwäsche an Bord oder ausführlich in den Hafenanlagen, Heizlüfter für Wärme und Kondenswasserentsorgung an, Kaffee-/Teewasser aufgesetzt, üppiges Frühstück vorbereitet und eingenommen: die zwei Stunden bis zum Ablegen vergingen wie im Fluge. Schnell die mehrlagige, warme Kleidung samt Windschutz angezogen und die erste Manövervorsprechung konnte beginnen.
Üben, üben, üben
Die Annika lag quer zum Wind in einer Box, Heck zum Ufer. Ein Williger für den ersten Ableger fand sich schnell. Aber wie machen? Zig Möglichkeiten, ebenso viele Fettnäpfe, über 20 weitere übende Boote und fehlende Praxis… Nach einer halben Stunde überlegen ging es los – geschafft, wir waren raus und reihten uns zwischen den anderen Booten ein. Segel wurden aber nicht gesetzt.
Nun wurde fleißig geübt. „Essen“ und „Bekleidung“ kamen endlich auch ins Spiel, in Form von Manövern:
- Drehen auf dem Teller
- Rückwärts fahren
- Gezieltes Aufstoppen
- Längseits anlegen über Achterleine und Vorspring
- Drehen an der luvwärtigen Achterleine
- Boxentraining mit Rückwärts-Hosenträger bei Querwind und vorwärts mit eindampfen in die Achterleine
- Ein- und ausparken in enge Boxen mit sehr engem Fahrwasser
- Leinen werfen aus jeder Position
- Fast alles mit und gegen den Wind bzw. mit Seitenwind
Überhaupt Leinen: was alles bei der Leinenarbeit falsch gemacht werden kann, stellten wir bei fast jedem Manöver erneut fest. Die Meckerei „Unter der Reling durch!“ war nur eine von vielen…
Aus der Übungs-Gurkerei ergaben sich in den Routenaufzeichnungsprogrammen wunderschöne Wollknäuel. Apropos Wollknäuel: das Programm legte jede Besatzung natürlich selbst fest.
Wenig überraschend hörten die Rudergänger als Manöverchefs und die Besatzungen reichlich „Meckereien“ unserer Skipper: Wieder Ruder losgelassen. Mehr Gas, weniger Gas. Ruder rum. Nicht so… Nein, Leine anders. Bootshaken unklar. Leine schneller einholen. Und so weiter. Es stellte sich im Nachhinein die Frage, wer sich eigentlich von wem erholen müsse: wir vom Skipper oder anders herum?
Auch die Schokolade kam nicht zu kurz, nach dem Abendessen, aber vor allem während der Fahrt durch die Kanäle. Sahen wir doch vom Boot aus und anders als üblich die Schokoladenseiten der Häuser mit ihren Anlegern vor den Gärten und Panoramafenstern. Noch ein Satz zu LEMMER: die ersten OsterLÄMMER tobten völlig unbeeindruckt von uns neben den Kanälen im frischen Grün herum (Määh).
Sowohl die weniger Erfahrenen als auch die Routiniers unter uns lernten extrem viel in kurzer Zeit. Wir waren uns einig: Übung lässt ich nur durch Übung ersetzen, und daraus erwächst die nötige Erfahrung.
Fazit
Hut ab vor den Organisatoren! Der Autor hat bei der Vorbereitung der Backschaft mitbekommen, wie viel Zeit allein diese Teilaufgabe verschlang. Für wenig Geld haben wir viel gelernt bzw. aufgefrischt, ohne Standardprogrammabwicklung. Tolle Leute an Bord, klasse Stimmung, gutes Wetter. Die Zeit verging wie immer viel zu schnell und Gott sei Dank gab es bis auf kleine Rempler keine Unfälle.
Das Hafenmanövertraining ist ein heißer Tipp für jeden aktiven SHM-Hanseaten! Wir sehen uns, spätestens beim nächsten Hafenmanövertrainung…
Text: Hans-Christoph T. (hc)
Fotos: div. Teilnehmer