Falsch gedacht, dies ist ein Bericht über die Trainingskurse „Hafenmanöver 2024“ in Lemmer/NL. Aber, und deswegen die Überschrift, es könnten auch vierundzwanzig verschiedene Manöver im Hafen sein, über die berichtet wird. Die Meinungen, was davon wichtig ist und wieviele, sind durchaus kontrovers. Und sie sind revierabhängig. Die Zahlen schwanken zwischen „vier“ und „144 Seiten“ eines deutschsprachigen Fachbuches zu dem Thema.
Zum ersten Mal bot der SHM in diesem Jahr nicht nur ein Übungswochenende an, sondern gleich zwei und jedes auch noch in zwei unterschiedlichen Längen. Der Zuspruch war entsprechend, die nötigen Vorbereitungen dazu waren aber exorbitant – Dank an die Organisatorin Beate T.!
So einfach könnte man unser Hafenmanöver Training in Lemmer/NL am Osterwochenende zusammenfassen.
Geplant war der Workshop zwei Wochen früher, doch eine Sturmwarnung machte den Organisatoren einen Strich durch die Rechnung. Der Vercharterer Enjoy Sailing ließ kurzfristig eine Umbuchung aller sieben Boote (hauptsächlich Bavaria 37er) zu, und so wurden jetzt aus einem gemeinsamen Wochenende der 35 Teilnehmer vier individuelle neue Termine mit neuer Crewverteilung. Hier gilt vor allem Beate T. als Hauptorganisatorin und den Skippern ein großer Dank, die innerhalb von ein paar Tagen neue Termine aushandelten und die Boote und Crews neu zusammenstellten.
Zu den Vorbereitungen gehörten aber auch zwei Themenabende im Vereinshaus und ein kleiner Leinenworkshop in der Bootshalle. Konzipiert ist das Hafenmanövertraining eigentlich für SKS-Anwärter*innen oder -Absolvent*innen und angehende Hansa-Skipper*innen, um zum Start der Segelsaison das An- und Ablegen einer tonnenschweren Segelyacht unter Aufsicht eines erfahrenen Skippers zu üben und zu verfeinern.
Die Anreise meiner Crew im eigenen PKW am Karfreitag ging reibungslos vonstatten. Auch die Übernahme des Bootes gegen 17 Uhr war problemlos. Nach einer Sicherheitseinweisung durch unseren Skipper Ekkes konnten wir uns noch vor dem Abendbrot mit der NINA, einer noch durchaus gepflegten 16 Jahre alten Bavaria 37, mit dem Hafenbecken rund um Enjoy Sailing vertraut machen. Der Abend klang mit selbstgemachten Gulasch und wohltemperierten Getränken (unterstützt durch einen Heizlüfter) aus.
Am Samstag nach dem Frühstück und der Theoriebesprechung ging es endlich richtig zur Sache: alle „Pflichtübungen“ wurden abwechselnd durchexerziert; An- und Ablegen in allen Varianten in Boxen als auch seitlich am Steg mit unterschiedlichen Springleinen – etwas Wind und Sonne hatten wir auch. Anschließend ging es noch durch die Schleuse und kurz raus aufs IJsselmeer unter Segeln. Einfach nur schön.
Sonntag kam dann die Kür. Jeder durfte sich was wünschen. Und so übten wir das An- und Ablegen am Fingersteg und noch vieles mehr. Der krönende Abschluss war aber unsere Fahrt nach Lemmer hinein. Adrenalin pur für mich am Ruder unser altes Dickschiffes an der gut besuchten Uferpromenade neben einer auf Hochglanz polierten Edelyacht auf 20 Zentimeter genau rückwärts „einzuparken“. Wir hatten zwar ausreichend gefendert, wollten aber nicht dass den genauso herausgeputzten Edelyachtbesitzern der Prosecco aus der Hand oder ihr Pudel über Bord fällt.
Auch das Ausschwenken mit der Achterspring gefolgt vom Drehen auf dem Teller im sehr engem Kanal bei der Rückfahrt zum Vercharterer lief nach der ganzen Überei wie geschmiert und sorgte für wenig Aufregung oder Aufsehen unter den Schaulustigen. Kein freies Hafenkino der Hansa Crew.
Der Tag klang mit einer Nachbesprechung in unserer Heimatbox aus, besser und schöner hätte es nicht laufen können: Boot, Crew und Skipper sind heil geblieben und alle hatten eine lehrreiche und tolle Zeit.
Worum geht es? Suchmaschinen liefern hauptsächlich zwei Ergebnisse:
Wie führe ich meinen Hund optimal?
Wie bekomme ich mein Boot/Schiff am besten an die sprichwörtliche Leine gelegt?
Leinenarbeit ist weitgehend uninteressant für Jollensegler*innen, dafür aber um so wichtiger für Crews von Segelbooten z.B. auf SHM-Ausbildungs- und anderen -Fahrten.
Neulinge auf Dickschiffen (keine Suchmaschine bedienen!) stehen manchmal auf verlorenem Posten, nachdem der/die für das Manöver verantwortliche Rudergänger*in/Steuermann bzw. -frau die Crew zum An- und Ablegen einteilt hat. „Du, <Name>, gehst an die Backbord-Achterleine und wirfst sie an Land, wenn ich es sage.“, könnte die Anweisung lauten. Oder, befehlsmäßig knapp: „Zieh Leine!“, bei jemandem, der/die mit den Nuancen unserer Sprache weniger vertraut ist. Kein Wunder, wenn ein fragendes Gesicht auftaucht oder das Manöver anders abläuft, als geplant.
Exkurs für Nicht-Seeleute: mit „Dickschiff“ meinen wir Segelboote, auf denen Besatzungsmitglieder nicht nur segeln, sondern z.B. auch übernachten, essen und Freizeit verbringen können, also größere Segelwasserfahrzeuge als es Jollen, die wir vom Aasee her kennen, meist sind.
Gut an der oben genannten, ersten Aufgabe: eine konkrete Person bekommt eine definierte Aufgabe zugeteilt. Schon daran können An- und Ableger scheitern. Schlecht daran: Chefe hat sich nicht vorher über die Fähigkeiten und Kenntnisse des Besatzungsmitgliedes informiert oder gefragt, ob alles klar ist.
Leinenarbeit meint den Teil der Vorbereitung von An- und Ablegemanövern auf Dickschiffen, der mit Seilen, Festmachern, Tampen, Tauen bzw. Leinen zu tun hat.
Ideal: die Rudergängerin bzw. der Rudergänger teilt die Besatzung mit genauer Aufgabenbeschreibung ein. Und das mit reichlich Vorlaufzeit vor Manöverbeginn! (Wir unterstellen, die Crew ist in der Lage, die gewünschte Tätigkeit auszuführen.) Beauftragte Person geht an die zugeteilte Position, macht die Leine klar oder holt vorher eine geeignete an die vorgesehene Stelle und verklart sie. Dann wartet das Besatzungsmitglied auf die Ansage des/der Verantwortlichen, führt die Aufgabe mit Rückmeldung durch und verbleibt bis zum Manöverende an Ort und Stelle vorbehaltlich einer Neueinteilung durch die Schiffsführerin oder den Schiffsführer.
Zur Leinenarbeit gehören beispielsweise das saubere Aufschießen von Leinen als Wurfvorbereitung oder nach Manöverende, das Werfen von Tampen meist zu Helfenden an Land oder über Poller bzw. Dalben/Pfähle. Je nach Aufgabe muss der Wurf ein- oder beidhändig geschehen. Gern vergessen: lose Enden festhalten! Auch das Belegen an Ringen, Klampen oder Pollern gehört dazu, ebenso wie das Fieren und Holen von Tampen, was ungleich dem Festmachen/Belegen ist!
Festmacherleinen müssen von außen, unter der Reling hindurch an Bord befestigt werden, sonst ziehen die zahlreichen Tonnen Bootsgewicht die Reling platt – dumm gelaufen, sieht Sch… aus und wird teuer.
Sonderthemen sind Muringleinen, wie sie im Mittelmeer anzutreffen sind, und Fender an Bord. Ach so: keine Öse am Tampen … wie geht der Palstek???
Auch die Kenntnis des seemännischen Vokabulars gehört zur Leinenarbeit: Was ist der Unterschied zwischen fieren, (dicht-)holen und belegen, und daraus ergibt sich die unterschiedliche Bedeutung der Befehle „Leine fest“ und „Leine belegen“; was heißt hissen; die Leine ist das Ganze – der Tampen eines der beiden Leinenenden. Und so weiter.
Wir sehen: Tampen werfen kann jede*r. Aber so, dass sie am Ziel ankommen, schnell und genau, ist nicht einfach. Und nach einem Fehlversuch das schnelle Einholen des im Wasser treibenden, nassen Tampens, neues Aufschießen, erneuter Wurf, als Rechtshänder*in aus Platzmangel mit Links auch noch, Gegenwind, die sich drehende Schraube dräut … Je nach Routine und Gelassenheit der Rudergängerin oder des Rudergängers kann der Blutdruck schnell steigen und auch die Gesichtsfarbe stark verändern. Da ist es manchmal sinnvoll, das Manöver abzubrechen und in Ruhe neu anzugehen; aber das entscheidet der manöververantwortliche Mensch und nicht das leinenwerfende Crewmitglied.
Leinenarbeit ist also keine Sklavenarbeit für Dummies, sondern eine verantwortungsvolle Tätigkeit zur sicheren Bedienung von Dickschiffen. Auch, damit es keine Verletzung gibt (Festmacher mit Fuß im Kinken bekommt plötzlich Zug und schwupp ist der Fuß …) und damit das Manöver planmäßig, auch in akustischer Ruhe, durchgeführt und beendet werden kann („Da ist ein Knoten vor der Klampe. DAS SEIL KLEMMT!“ Und dann kleinlaut-hektisch-ratlos: „Ich krieg‘ den Knoten nicht los….“).
Leinenarbeit ist sehr viel Teamarbeit, bei der miteinander Reden hilft. Auf geht’s. Da kann jedes Mitglied noch etwas lernen oder auffrischen. Der nächste Workshop kommt garantiert: e-Hanseat lesen bzw. SHM-Kalender beachten.
Die Mahlzeiten und die richtige Bekleidung spielen bei Flottillentörns und -trainings immer eine gewichtige Rolle. So auch vom 18. bis zum 20. März 2022 in Lemmer/NL. Aber dazu später mehr.
Vorbereitung
Nach der COVID-bedingten Unterbrechung im Vorjahr fanden sich wieder rund 25 Vereinsmitglieder mit sechs SHM-Skippern zum Training von Hafenmanövern ein.
Die perfekte Organisation durch Beate und die Skipper sowie obligatorische Themenabende zur Theorieauffrischung sollten die Veranstaltung zu einem vollen Erfolg werden lassen. Unter 200 € pro Nase (inkl. Charter, Versicherung, Pkw-Spritkosten, Mahlzeiten, Organisation) und maximaler Lernerfolg versprachen ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Die Anreise erfolgte in Privatwagen bei strahlendem Sonnenschein, Wind (ENE, 4-5, in Böen 6), aber wenig frühlingshaften Temperaturen. Bis Sonntagmittag änderte sich am Wetter nichts grundsätzlich, bevor ein angekündigtes, aber überflüssiges Regenband durchzog und die letzten nimmersatten Besatzungen und alle Pkw-Belader einweichte.
Boote, Besatzungen und Bibbern
Die Boote wurden bei Enjoy Sailing gechartert. Es handelte sich um bestens ausgestattete 37er Bavarias, die wir in gutem Zustand vorfanden; es war ja auch der erste Einsatz der Boote in der beginnenden Saison.
Dank Bordheizungen und Heizlüftern wurden die Boote samt Besatzungen schnell warm; heißes Abendessen und das eine oder andere alkoholische Getränk führten flugs zu einer heimeligen Bordatmosphäre.
Nicht nur an Bord „meines“ Bootes Annika mit Ekkes als mit allen Wassern gewaschenem Skipper rückten die Alltagsgedanken, unterstützt durch bekannte Gesichter, großes Hallo und teils tiefgründige Gespräche über Gott und die Welt, schnell in den Hintergrund.
Nach einer kalten Nacht klingelten um 7 Uhr die Wecker. Fix aufgestanden, Katzenwäsche an Bord oder ausführlich in den Hafenanlagen, Heizlüfter für Wärme und Kondenswasserentsorgung an, Kaffee-/Teewasser aufgesetzt, üppiges Frühstück vorbereitet und eingenommen: die zwei Stunden bis zum Ablegen vergingen wie im Fluge. Schnell die mehrlagige, warme Kleidung samt Windschutz angezogen und die erste Manövervorsprechung konnte beginnen.
Üben, üben, üben
Die Annika lag quer zum Wind in einer Box, Heck zum Ufer. Ein Williger für den ersten Ableger fand sich schnell. Aber wie machen? Zig Möglichkeiten, ebenso viele Fettnäpfe, über 20 weitere übende Boote und fehlende Praxis… Nach einer halben Stunde überlegen ging es los – geschafft, wir waren raus und reihten uns zwischen den anderen Booten ein. Segel wurden aber nicht gesetzt.
Nun wurde fleißig geübt. „Essen“ und „Bekleidung“ kamen endlich auch ins Spiel, in Form von Manövern:
Drehen auf dem Teller
Rückwärts fahren
Gezieltes Aufstoppen
Längseits anlegen über Achterleine und Vorspring
Drehen an der luvwärtigen Achterleine
Boxentraining mit Rückwärts-Hosenträger bei Querwind und vorwärts mit eindampfen in die Achterleine
Ein- und ausparken in enge Boxen mit sehr engem Fahrwasser
Leinen werfen aus jeder Position
Fast alles mit und gegen den Wind bzw. mit Seitenwind
Überhaupt Leinen: was alles bei der Leinenarbeit falsch gemacht werden kann, stellten wir bei fast jedem Manöver erneut fest. Die Meckerei „Unter der Reling durch!“ war nur eine von vielen…
Aus der Übungs-Gurkerei ergaben sich in den Routenaufzeichnungsprogrammen wunderschöne Wollknäuel. Apropos Wollknäuel: das Programm legte jede Besatzung natürlich selbst fest.
Wenig überraschend hörten die Rudergänger als Manöverchefs und die Besatzungen reichlich „Meckereien“ unserer Skipper: Wieder Ruder losgelassen. Mehr Gas, weniger Gas. Ruder rum. Nicht so… Nein, Leine anders. Bootshaken unklar. Leine schneller einholen. Und so weiter. Es stellte sich im Nachhinein die Frage, wer sich eigentlich von wem erholen müsse: wir vom Skipper oder anders herum?
Auch die Schokolade kam nicht zu kurz, nach dem Abendessen, aber vor allem während der Fahrt durch die Kanäle. Sahen wir doch vom Boot aus und anders als üblich die Schokoladenseiten der Häuser mit ihren Anlegern vor den Gärten und Panoramafenstern. Noch ein Satz zu LEMMER: die ersten OsterLÄMMER tobten völlig unbeeindruckt von uns neben den Kanälen im frischen Grün herum (Määh).
Sowohl die weniger Erfahrenen als auch die Routiniers unter uns lernten extrem viel in kurzer Zeit. Wir waren uns einig: Übung lässt ich nur durch Übung ersetzen, und daraus erwächst die nötige Erfahrung.
Fazit
Hut ab vor den Organisatoren! Der Autor hat bei der Vorbereitung der Backschaft mitbekommen, wie viel Zeit allein diese Teilaufgabe verschlang. Für wenig Geld haben wir viel gelernt bzw. aufgefrischt, ohne Standardprogrammabwicklung. Tolle Leute an Bord, klasse Stimmung, gutes Wetter. Die Zeit verging wie immer viel zu schnell und Gott sei Dank gab es bis auf kleine Rempler keine Unfälle.
Das Hafenmanövertraining ist ein heißer Tipp für jeden aktiven SHM-Hanseaten! Wir sehen uns, spätestens beim nächsten Hafenmanövertrainung…
Text: Hans-Christoph T. (hc) Fotos: div. Teilnehmer
Am 13.4.2018 war es endlich soweit, mein (Klaus G.) erster Törn mit dem SHM sollte mich und meine Mitsegler auf die höheren Weihen des Skippers vorbereiten. Um es vorwegzunehmen, bis dahin ist es – zumindest für mich – noch ein gewisser Weg.
Beate hatte den Vorschlag für diesen Törn gemacht und damit begründet, dass die Praxis des An- und Ablegens im Regelfall bei der Ausbildung zum SKS zu kurz kommt und die meisten der erfolgreichen SKS-Neulinge nicht wirklich von sich behaupten können, in dieser Disziplin mit Bravour vor dem Hafenpublikum zu bestehen. Also am besten in der Vorsaison in leeren Häfen mal üben. Soweit die Theorie. „Skippertraining Hafenmanöver“ weiterlesen →