Segeln ist etwas für Menschen mit dicken Portemonnaies. Eine Meinung, die weit verbreitet ist. SHM-Mitglied Hans-Christoph hat den Selbstversuch unternommen und ist überrascht von dem Ergebnis.
Vorweg: ich war ein halbes Jahr auf dem Segelschulschiff Gorch Fock stationiert und wollte Jahrzehnte später wissen, ob an der „Faszination Segeln“ noch etwas dran ist, was ggf. die Begeisterung auslöst und ob Segeln für Normalverdienende bezahlbar ist.
Also habe ich mich informiert und festgestellt: Segelunterricht gibt es in Segelschulen und -vereinen. Der Standort von Segelgewässer und Ausbildungsstätte sollte nahe am Wohn- und Arbeitsort sein, denn Stunden Auto zu fahren, um eine Alltagssegelmöglichkeit zu haben, hätte mir den erhofften Segelspaß definitiv verdorben, von Umweltgesichtspunkten ganz zu schweigen.
In Münster gab es mehrere Möglichkeiten, von denen mich die des SHM ansprach: Segeln in meiner Stadt, Ausbildung im Verein und danach kostenlose Nutzung der Vereinsboote. Und der Preis? Einmalige Aufnahmegebühr, Jahresbeitrag, Prüfungsgebühr. Lässt sich alles beim SHM und dem DSV nachlesen. On top: Theorieausbildung und Praxistraining auf dem Aasee waren (und sind) für Mitglieder extrem kostengünstig. Also hieß es für mich „ran an den Wind“!
Ein Jahr später hatte ich meinen Schein, ein Segelgewässer und Boote. Was für ein ungeahnter Luxus. Mit der Jolle auf dem Aasee, abschalten nach der Arbeit, Sport, Ruhe usw., usw., usw. Mehr wollte ich gar nicht.
Einige Jahre später fand ich einen Segelpartner, mit dem ich mich im Sommerhalbjahr wöchentlich zum Segeln treffe. In den letzten Jahren sind wir einmal nicht gefahren, weil das Wasser so spiegelglatt war, dass wir uns die Augenbrauen hätten auszupfen können; aber das Bier am Hansa-Hafen war auch lecker!
Seit etwa derselben Zeit habe ich andere Jollentypen, andere Segelreviere und das Dickschiff-Segeln ausprobiert und nicht ganz überraschend Gefallen daran gefunden. Engagement im Vereinsleben führte schnell zu zahlreichen interessanten Kontakten und einem weiten Einblick in die für mich bis dahin ungeahnte Vielfalt meines Segelclubs.
Und stimmt die Meinung, Segeln sei teuer? Ich glaube, dass ein Erwachsenen-Jahresbeitrag von weniger als 200 Euro mit dem Gegenwert von 70 vereinseigenen, nutzbaren Booten aus sieben Bootsklassen das Gegenteil beweist. Kleidung? Ja, legt man sich im Laufe der Jahre zu, aber auch hier gilt: design follows function, es geht auch kostengünstig. Dickschiff-Segeln? Von Vereinsmitgliedern auf Charterbooten organisiert, Skipper*innen aus dem Verein, wenig Luxus und viel Segelspaß: eine Woche Griechenland im Herbst 2021 inkl. An- und Abflug, Transfers, Bootscharter, Versicherungen, Verpflegung usw. für gut 1000 Euro. Ich halte das für absolut bezahlbar und wirklich kostengünstig.
Die Leute im Verein sind Jedermänner und Jederfrauen, von solchen in der Ausbildung über berufstätige Handwerker*innen, Bürokräfte und Akademiker und Akademikerinnen bis hin zu Menschen im Ruhestand. Ich kann nicht erkennen, dass es Mitglieder gibt, die ihre Nase hoch hängen haben, weil sie sich das Segeln leisten (können).
Dass es auch anders geht, lässt sich in der einen oder anderen Marina oder Bucht an Nachbaryachten erleben und auf den bekannten Bootsmessen. Traumboot aussuchen, Preis erfragen und ab mit dem Rettungswagen – liegend – ins nächste Krankenhaus, zur Schockbehandlung. So ginge es mir. Aber die Messlatte hängt ja für jeden Menschen auf einem anderen Niveau.
Fazit: Segeln ist nicht teuer, kann es aber sein. Und ist Segelsport exklusiv? Schon mal gar nicht. Jedenfalls nicht im SHM.
Hans-Christoph T.