Kaiserwetter – nicht in jeder Hinsicht –
Frage: Was kann schöner sein als zwei Wochen Segeln in der südlichen und südöstlichen/zentralen Ostsee ohne einen Tropfen von oben bei nahezu täglich 100% Sonnenschein?
Antwort: das gleiche wie oben, wenn denn täglich Segelwind wehen würde!
Kurzzusammenfassung: vom 14.7. bis 27.7. ab Breege/Rügen zu siebt mit einer betagten Bavaria 45 via Utklippan/Schweden, Kalmar, Mönsterås, Bryxelkrok, Visby, Lauterhorn/Fårö, Kristianopel, Karlskrona, Christiansö/Dänemark, Hasle, Glowe/Rügen und wieder Breege. Reichlich 700 sm im Kielwasser gelassen, aber oftmals etwas dürftiger Wind.
Aber der Reihe nach … ein Bericht von Sabine
Die Gotlandfahrer – SHM Distanztörn mit Nachtfahrt 14.-28.7.2018
Nach dem erfolgreichen Start im letzten Jahr sollte es auch 2018 wieder einen „Distanztörn“ mit Nachtfahrt geben, mit einer Änderung allerdings: einen Crewwechsel nach der ersten Woche sollte es nicht mehr geben, da dadurch die Flexibilität, die Wind und Wetter abverlangen, stark eingeschränkt wird.
Sieben Hanseaten, zwei Frauen, Beate und Sabine, und fünf Männer, Ekkes, Hubertus, Jürgen, Norbert und Skipper Christopher, haben sich darauf eingelassen und sich am 14.7.18 auf den Weg nach Breege auf Rügen gemacht, wo uns die Lissy, eine Bavaria 45C mit 4 Kabinen erwartete. Noch am selben Abend brachen wir auf und brachten noch bei Helligkeit den Tonnenstrich hinter uns. Danach lag das freie Wasser vor uns, wir konnten Segel setzen und uns auf die erste Nachtfahrt mit Wacheinteilung vorbereiten. Leider schlief am nächsten Morgen der Wind nach und nach ein, so dass wir den Motor zur Hilfe nehmen mussten.
Nach 130 Seemeilen erreichten wir gegen Abend Utklippan, ein paar Felsen im Wasser, in die in den 1940er Jahren ein Hafenbecken eingebaut worden war. Die Insel wird nur in den Sommermonaten bewohnt, die übrige Zeit wird der Hafen als Nothafen genutzt, da er sowohl von der West- als auch von der Ostseite zugänglich ist.
Am nächsten Tag ging es unter Motor in den Kalmarsund hinein. Abends haben wir in Kalmar festgemacht, wo sich beim Anlegen unser Smut Hubertus ganz unglücklich den Fuß vertreten hat.
Ein Achillessehnenriss, wie sich später herausstellte. Was Hubertus aber nicht davon abhielt, weiter den Kochlöffel zu schwingen, am Ruder zu stehen oder das eine oder andere Hafenmanöver zu fahren.
Von Kalmar aus ging es bei 3-4 Windstärken unter Kreuzen weiter den Kalmarsund entlang nach Mönsterås, das am Ende eines wunderschönen Schärengebietes mit kleinen bewaldeten Inselchen und darauf hockenden Ferienhäusern liegt.
Ein wenig besuchter kleiner Hafen, in dem wir den Abend bei Gesang zur Gitarre ausklingen ließen.
Auch am nächsten Tag konnten wir die Segel setzen und sind mit Kreuzschlägen nach Byxelkrok auf Öland gefahren, ein sehr touristischer und dadurch recht lebendiger (und voller) Hafen mit kleinen Büdchen, in denen Andenken, Mitbringsel und Kunsthandwerk angeboten wurde. Da wir gut in der Zeit lagen, nutzen wir unterwegs die Gelegenheit, das Quick-Stopp-Manöver zu üben.
Am nächsten Morgen verließen wir Öland und machten uns auf nach Visby auf Gotland, das wir bei schwachem Nordost-Wind mit einem Schlag erreichten. Visby ist eine alte Handelsstadt mit kleinen Gässchen und Häusern, mehreren Steinruinen von Kirchen und einer gut erhaltenen Stadtmauer. Dort haben wir uns ein Restaurant gesucht, was gar nicht so einfach war, da viele Menschen unterwegs waren: es war Stockholm-Week, wie uns der Hafenmeister erklärte. Viele hauptsächlich junge Menschen kommen dann von Stockholm rüber, um Party zu machen.
In Visby nutzen wir auch die Gelegenheit, unsere Vorräte an frischen Lebensmitteln aufzufüllen. Wir hatten uns im Vorfeld Rezepte überlegt, die wir, manchmal in etwas abgewandelter Form, abends gekocht haben. Zu der super Verpflegung trugen auch die selbstgebackenen Brötchen bei. Beate hatte verschiedene Brotbackmischungen mitgebracht und allmorgendlich Brötchen gebacken.
Von Visby aus ging es weiter Richtung Norden nach Lauterhorn auf Fårö, ein sehr kleiner Hafen, in dem wir keinen Platz mehr fanden, so dass wir in der Bucht vor Anker gingen und das mitgebrachte Dinghi erst- und letztmals eingesetzt wurde.
Der nächste Tag brachte den längsten Schlag des Törns: in 35 Stunden von Lauterhorn durch den Fårösund an der Ostseite
Gotlands entlang gen Süden bis nach Kristianopel, insgesamt 170 Seemeilen. Kristianopel ist ein kleiner ruhiger Hafen, in dem wir uns gut von der Anstrengung und dem Schlafmangel – bei Wind und Welle von vorn sind wir den längsten Teil der Strecke unter Motor gefahren – erholen konnten.
Eine unwillkommene Überraschung bot der nächste Tag: die Instrumente im Cockpit außer Plotter und Magnetkompass hatten eine Auszeit genommen. So ging es ohne Tiefenmesser nach Karlskrona, das – im 17. Jh. als Flottenstützpunkt gegründet – versteckt zwischen teilweise zur Festung ausgebauten Schären liegt.
Das dortige Marinemuseum ist sehenswert. Aber auch die Stadt selbst mit einer grandiosen Eisdiele (1 Kugel 42 SKR, 2 Kugeln 47 SKR, 3 Kugeln 52 SKR – aber was für Kugeln!) ist einen Besuch Wert. In einer Bäckerei konnten wir das schwedische Nationalgebäck erstehen: Kanelbullar (Zimtschnecken), die es abends zum Nachtisch gab.
Gerade noch rechtzeitig, denn am nächsten Tag wechselten wir die Gastlandflagge, es ging zu den Erbseninseln vor Bornholm. Die Instrumente taten wieder ihren Dienst, der Wind war uns ebenfalls wohlgesonnen, so dass wir einen schönen Segeltag verbrachten und sogar das Glück hatten, eine Kegelrobbe zu sichten. Christiansø war sehr voll, was uns aber nicht abhielt, abends in der Kneipe das lokale Bier zu probieren.
Am nächsten Morgen ging es unter Motor nach Hasle auf der Westseite Bornholms. Es war wieder sehr heiß und wir alle etwas schlapp.
Der nächste Schlag brachte uns nach Glowe auf Rügen, ein freundlicher familiärer Hafen mit Badestrand und Eisdiele im Ort, der wir einen Besuch abstatteten.
Unseren letzten Tag auf dem Wasser konnten wir nochmal richtig genießen: nach zwei Tagen Flaute hatten wir wieder Wind, der uns nach Breege zurückbrachte. Vor dem Tonnenstrich nahmen wir uns noch die Zeit, den Manöverkreis zu üben. Abends sind wir im „Alten Fischer“ essen gegangen und haben uns von Beate und Hubertus verabschiedet, die noch in der Nacht zurückgefahren sind, da Hubertus für Samstag einen Arzttermin bekommen hatte.
Ein besonderes Highlight erwartete uns noch an diesem letzten Abend: die Mondfinsternis mit dem roten „Blut-Mond“ mit dem schräg darunter stehenden hellen Mars konnten wir von Bord verfolgen. Auch die dabei vorbei huschende ISS ist uns nicht entgangen.
In verkleinerter Runde räumten wir am Samstag das Schiff und machten uns nach 14 Tagen, 753 Seemeilen, zwei Nachtfahrten, viel Sonne, keinem einzigen Tropfen Regen, schönen Landschaften und neuen Erfahrungen auf den Heimweg. (Sabine)