Ostseetörn 2018

Ein Bericht von der Herbie

Die diesjährige Ostsee-Flottille war mit vier Yachten (Herbie, Jupiter, Pluto und Chuck) in der dänischen Südsee unterwegs. Ingesamt 25 Hansa-Segler, darunter fünf Kinder zwischen vier und dreizehn, durchkreuzten von Flensburg aus die Gewässer und gewannen jede Menge Sonnenbräune. Bei sommerlicher Hitze und meist mäßigem Wind kam mehr Urlaubsfeeling als Segelfieber auf – dennoch verlebten wir eine tolle Woche mit viel Spaß.

Unsere Route:
Samstag, 21.07.: Flensburg-Sonderborg
Sonntag, 22.07.: Sonderborg-Aabenraa
Montag, 23.07.: Aabenraa-Aeroskobing
Dienstag, 24.07.: Aeroskobing-Faborg
Mittwoch, 25.07.: Faborg-Horuphav
Donnerstag, 26.07.: Horuphav-Gelting
Freitag, 27.07.: Gelting-Flensburg und Rückreise

Nach 450 Kilometern durch den von einer Hitzewelle trockengebackenen Norden kamen wir am Freitag (20. Juli) gegen halb neun in Flensburg an und nutzten die Option, schon am Vorabend unser Schiff zu beziehen und zu beladen. Pünktlich um 22 Uhr konnte es losgehen – jedenfalls sofort nachdem der Hauptschalter für das Licht an Bord gefunden war. Unsere Herbie – eine Dufour 385 – fasste unsere Vorräte mühelos, hatte allerdings im Innenraum ein paar interessante Eigenheiten: So kam man nicht ohne Einklappen der Beckenknochen zwischen Mast und Tisch hindurch, und der Navigationstisch war für Karten im Din-A5-Format optimiert (ein Tablet gehörte laut Liste zur Ausstattung, war aber wohl gerade nicht verfügbar). Dafür gab es zwei Toiletten – sehr praktisch, wenn einem nach dem Wendemanöver die Sitzhaltung nicht mehr behagt!

Das sonnige und heiße Wetter während der gesamten Woche (ein einziger Regenguss ereilte uns im Hafen von Horuphav) sorgte für jede Menge Badespaß, leider etwas getrübt durch die Anwesenheit von Feuerquallen, mit denen einige Badende unangenehmen Kontakt hatten. In Aeroskobing gab es eine urige Badestelle in Hafennähe, die von recht großen Krabben bewacht wurde, und Faborg hatte ein kostenloses Schwimmbad mit Kleinkinderbecken und Sprungturm zu bieten. Die Kinder genossen unterwegs die Badeplattform und hielten die Füße in die Fluten, und beim Ankern vor Lyo wurde geschnorchelt – bis die erste Quallensichtung die Kids schneller zum Schiff zurückkehren ließ, als Michael Phelps es je gekonnt hätte.

Ein Höhepunkt des Törns war Aeroskobing. Von Aabenraa aus waren wir lange per Motor dorthin unterwegs, aber der Weg lohnte sich. Der Hafen dieses Städtchens machte zunächst einen eher vernachlässigten Eindruck, und die nebenan verkehrende Fähre trug auch nicht zur Idylle bei, doch der Ort war umso sehenswerter! Bunte Häuschen, Kopfsteinpflaster-Gassen, Fachwerk, ein Hinterhof-Museum – hier gab es viel zu entdecken. Beim morgendlichen Spaziergang beobachtete ich einen Mann, der gerade einen Kasten vor seinem Haus mit frischgebackenen Brötchen bestückte. Vor anderen Häusern gab es selbstgemachte Marmelade oder kleine Kunstwerke zu kaufen. Als der Brötchenmann mich sah, warf er mir ein Brötchen zu – spätestens da hatte Aeroskobing den Titel als Törnhighlight 2018 gewonnen. In der Abenddämmerung gab es dann für die Kids noch ein Highlight – am Masttopp der Jupiter musste unbedingt etwas kontrolliert werden, und so wurden vier junge Freiwillige nacheinander mit dem Bootsmannstuhl hochgezogen und schauten mal nach.

Wieviele Grenzübertritte zwischen Dänemark und Deutschland wir begingen, war unmöglich zu bestimmen – erst recht nach dem Kreuzen in der Flensburger Förde. Hier wird einem einmal mehr die Absurdität von Staatsgrenzen bewusst – nix fühlt sich anders an, bloß weil das Land anders heißt als drei Meter weiter südlich. Nicht mal die Euromünzen klimpern, wenn sie beim Eintritt in dänische Gewässer nominell ihre Gültigkeit verlieren.
Wir hatten im Vorfeld keine dänischen Kronen besorgt und stellten erfreut fest, dass das auch nicht notwendig war. Selbst beim Bäcker ist Kartenzahlung problemlos möglich, und für die Entrichtung der Hafengebühren gab es in der Regel Automaten, die man ebenfalls per EC-Karte befüttern konnte. Für V-Pay werden dann 2% Gebühren obendrauf geschlagen – verglichen mit den Aufschlägen, die deutsche Banken fürs Geldwechseln verlangen, geht das in Ordnung. Die Hafengebühren waren sehr unterschiedlich und reichten von knapp 20 bis über 40 Euro (in Sonderborg, wo nur noch die extrabreiten Luxusboxen zu haben waren). Aber auch bei den Brötchen war die Spannweite immens; für die 15 Brötchen, die unsere Crew täglich vertilgte, zahlte ich mal sieben Euro, mal 13,50 für 15 Aufbackbrötchen.

Wie schon im Vorjahr reichten wir tagsüber Snacks aller Art und zelebrierten dafür die Abendmahlzeit. Reispfanne, Pfannkuchen, Pasta mit Pesto, Bratkartoffeln – im Hafen ließen wir es uns gut gehen. Gegen die opulente Käseplatte, die auf der Jupiter gereicht wurde, konnten wir allerdings nicht anstinken! 😉

Am letzten Abend jedoch ließen wir uns bedienen und fielen mit der gesamten Mannschaft über das Hafenrestaurant in Gelting her. Zwar waren die Crews über etliche Tische im Saal verteilt, doch war das kulinarische Angebot einwandfrei, und so gelang ein schöner Ausklang, bevor die letzte Nacht an Bord anbrach.

Zurück in Flensburg erwartete uns die Frage, wie wir übriggebliebene Lebensmittel nach Hause befördern sollten – zumal unser Auto bis obenhin voll und obendrein auf rund 60 Grad aufgeheizt war. Glücklicherweise ließ uns unsere Klimaanlage nicht im Stich, und wir kamen staufrei und zufrieden in Münster an, mit Erinnerungen an eine wunderbare, harmonische und lustige Woche. Bis auf ein paar Quallen-Kontakte, einen gebrochenen Zeh und eine verlorene Taucherbrille waren keine Verluste zu beklagen, und so freuen wir uns schon auf 2019!

(Lars)

Unten gibt es eine Bildergalerie und hier ein kleines Video:

Musik: PEG & The Rejected – „Red, White, Black and Blue“, lizenziert unter der
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