Worum geht es? Suchmaschinen liefern hauptsächlich zwei Ergebnisse:
- Wie führe ich meinen Hund optimal?
- Wie bekomme ich mein Boot/Schiff am besten an die sprichwörtliche Leine gelegt?
Leinenarbeit ist weitgehend uninteressant für Jollensegler*innen, dafür aber um so wichtiger für Crews von Segelbooten z.B. auf SHM-Ausbildungs- und anderen -Fahrten.
Neulinge auf Dickschiffen (keine Suchmaschine bedienen!) stehen manchmal auf verlorenem Posten, nachdem der/die für das Manöver verantwortliche Rudergänger*in/Steuermann bzw. -frau die Crew zum An- und Ablegen einteilt hat. „Du, <Name>, gehst an die Backbord-Achterleine und wirfst sie an Land, wenn ich es sage.“, könnte die Anweisung lauten. Oder, befehlsmäßig knapp: „Zieh Leine!“, bei jemandem, der/die mit den Nuancen unserer Sprache weniger vertraut ist. Kein Wunder, wenn ein fragendes Gesicht auftaucht oder das Manöver anders abläuft, als geplant.
Exkurs für Nicht-Seeleute: mit „Dickschiff“ meinen wir Segelboote, auf denen Besatzungsmitglieder nicht nur segeln, sondern z.B. auch übernachten, essen und Freizeit verbringen können, also größere Segelwasserfahrzeuge als es Jollen, die wir vom Aasee her kennen, meist sind.
Gut an der oben genannten, ersten Aufgabe: eine konkrete Person bekommt eine definierte Aufgabe zugeteilt. Schon daran können An- und Ableger scheitern. Schlecht daran: Chefe hat sich nicht vorher über die Fähigkeiten und Kenntnisse des Besatzungsmitgliedes informiert oder gefragt, ob alles klar ist.
Leinenarbeit meint den Teil der Vorbereitung von An- und Ablegemanövern auf Dickschiffen, der mit Seilen, Festmachern, Tampen, Tauen bzw. Leinen zu tun hat.
Ideal: die Rudergängerin bzw. der Rudergänger teilt die Besatzung mit genauer Aufgabenbeschreibung ein. Und das mit reichlich Vorlaufzeit vor Manöverbeginn! (Wir unterstellen, die Crew ist in der Lage, die gewünschte Tätigkeit auszuführen.) Beauftragte Person geht an die zugeteilte Position, macht die Leine klar oder holt vorher eine geeignete an die vorgesehene Stelle und verklart sie. Dann wartet das Besatzungsmitglied auf die Ansage des/der Verantwortlichen, führt die Aufgabe mit Rückmeldung durch und verbleibt bis zum Manöverende an Ort und Stelle vorbehaltlich einer Neueinteilung durch die Schiffsführerin oder den Schiffsführer.
Zur Leinenarbeit gehören beispielsweise das saubere Aufschießen von Leinen als Wurfvorbereitung oder nach Manöverende, das Werfen von Tampen meist zu Helfenden an Land oder über Poller bzw. Dalben/Pfähle. Je nach Aufgabe muss der Wurf ein- oder beidhändig geschehen. Gern vergessen: lose Enden festhalten! Auch das Belegen an Ringen, Klampen oder Pollern gehört dazu, ebenso wie das Fieren und Holen von Tampen, was ungleich dem Festmachen/Belegen ist!
Festmacherleinen müssen von außen, unter der Reling hindurch an Bord befestigt werden, sonst ziehen die zahlreichen Tonnen Bootsgewicht die Reling platt – dumm gelaufen, sieht Sch… aus und wird teuer.
Sonderthemen sind Muringleinen, wie sie im Mittelmeer anzutreffen sind, und Fender an Bord. Ach so: keine Öse am Tampen … wie geht der Palstek???
Auch die Kenntnis des seemännischen Vokabulars gehört zur Leinenarbeit: Was ist der Unterschied zwischen fieren, (dicht-)holen und belegen, und daraus ergibt sich die unterschiedliche Bedeutung der Befehle „Leine fest“ und „Leine belegen“; was heißt hissen; die Leine ist das Ganze – der Tampen eines der beiden Leinenenden. Und so weiter.
Wir sehen: Tampen werfen kann jede*r. Aber so, dass sie am Ziel ankommen, schnell und genau, ist nicht einfach. Und nach einem Fehlversuch das schnelle Einholen des im Wasser treibenden, nassen Tampens, neues Aufschießen, erneuter Wurf, als Rechtshänder*in aus Platzmangel mit Links auch noch, Gegenwind, die sich drehende Schraube dräut … Je nach Routine und Gelassenheit der Rudergängerin oder des Rudergängers kann der Blutdruck schnell steigen und auch die Gesichtsfarbe stark verändern. Da ist es manchmal sinnvoll, das Manöver abzubrechen und in Ruhe neu anzugehen; aber das entscheidet der manöververantwortliche Mensch und nicht das leinenwerfende Crewmitglied.
Leinenarbeit ist also keine Sklavenarbeit für Dummies, sondern eine verantwortungsvolle Tätigkeit zur sicheren Bedienung von Dickschiffen. Auch, damit es keine Verletzung gibt (Festmacher mit Fuß im Kinken bekommt plötzlich Zug und schwupp ist der Fuß …) und damit das Manöver planmäßig, auch in akustischer Ruhe, durchgeführt und beendet werden kann („Da ist ein Knoten vor der Klampe. DAS SEIL KLEMMT!“ Und dann kleinlaut-hektisch-ratlos: „Ich krieg‘ den Knoten nicht los….“).
Leinenarbeit ist sehr viel Teamarbeit, bei der miteinander Reden hilft. Auf geht’s. Da kann jedes Mitglied noch etwas lernen oder auffrischen. Der nächste Workshop kommt garantiert: e-Hanseat lesen bzw. SHM-Kalender beachten.
Hans-Christoph T.