Bericht 1 (mit Klick zu Bericht 2 & zu Bericht 3)
Falsch gedacht, dies ist ein Bericht über die Trainingskurse „Hafenmanöver 2024“ in Lemmer/NL. Aber, und deswegen die Überschrift, es könnten auch vierundzwanzig verschiedene Manöver im Hafen sein, über die berichtet wird. Die Meinungen, was davon wichtig ist und wieviele, sind durchaus kontrovers. Und sie sind revierabhängig. Die Zahlen schwanken zwischen „vier“ und „144 Seiten“ eines deutschsprachigen Fachbuches zu dem Thema.
Zum ersten Mal bot der SHM in diesem Jahr nicht nur ein Übungswochenende an, sondern gleich zwei und jedes auch noch in zwei unterschiedlichen Längen. Der Zuspruch war entsprechend, die nötigen Vorbereitungen dazu waren aber exorbitant – Dank an die Organisatorin Beate T.!
Kabinenbelegung, Bootsübernahme, Einkauf, Sicherheitseinweisung und Abendesssen standen am Freitagabend auf dem Programm. Natürlich auch Anlegergetränke, denn andere hatten ja schon angelegt. „Waris“, eine 41er Bavaria, war uns schnell vertraut und ab nächstem Vormittag auch in Hafen und freiem Wasser. Samstagmorgen wurden wir uns schnell einig, dass nach Kennenlernen der Bootsbesonderheiten die Standardmanöver geübt werden sollten – eben unter verschärften Windbedingungen. Denn Anlegen bei 0 bis 2 Bft. kann ja jede/r, Ausnahmen bestätigen meist die Regel.
Also drehten wir so unsere Runden für Drehen-auf-dem-Teller, Aufstoppen, Rückwärts-fahren usw. bis kurz vor Mittag, um dann die ersten An- und Ableger (in der Box) zu üben. Mittagspause an Bord, oooch eine Viertelstunde Siesta in Windschatten und Sonne gehen doch noch, weiter üben: kleine Box, große Box, mit und gegen den Wind, auch Wind von seitwärts, vorwärts einparken und ebenso rückwärts. Mal vier Leute. Immer im Gespräch: die ominöse Mittelspring.
Der Feierabend war fix da, wir müde und nicht nur wegen der ungewohnten 23 Grad Lufttemperatur ebenso. Abendessen in der weltbesten Kibbeling-Bude in Lemmer-City (ich fühlte mich bei der Bewertung stark an den Bericht über den 23er Törn zu den Liparischen Inseln erinnert…), dann Anlegergetränke an Deck bis halb elf ohne Jacke, sehr angenehm, Besuch des einen oder anderen SHM-Bootes, danach grüßte Hypnos heftig und bald vermischten sich unterschiedlich intensive Schlafgeräusche mit heftigem Regengeprassel und Besuch vom Klabautermann in Form von schwankenden Booten und heulenden Wanten sowie Tampenschlägen an den Masten.
Wie üblich am Sonntag: sieben – acht – neun. Naja, es wurde dann doch später. Was aber nicht daran lag, dass wir uns uneinig gewesen wären, auf jeden Fall bei den Kaiserwetter-nahen Rahmenbedingungen mindestens einmal das Groß setzen zu wollen. Gesagt, getan. Raus aus dem Hafen, vor der großen Schleuse fix längsseits anlegen geübt mit und gegen Wind in Kanalrichtung. Mal vier Leute. Rückwärtsanlegen, wie im Mittelmeer verbreitet, bei gut 20 kn Wind plus Böen von querab waren dann selbst für Ekkes am Rande der Möglichkeiten. Wir anderen haben gern verzichtet.
Dann in die Schleuse nach kurzer Wartezeit. Noch eine Viertelstunde unter Motor, Groß etwas raus, Genua ebenfalls, am-Wind-Kurs, Maschine aus und zwei Stunden perfekt gesegelt. Mit so wenig Tuch völlig entspannt und mit geringer Krängung auch unspektakulär. Andere Segelboote zogen durchaus das eindrucksvollere Segeln mit Vollzeug vor bei Seitenneigungen, die in Böen von 30 Grad kaum entfernt waren; einem Boot ist das wohl nicht so gut bekommen: es bekam die Roll-Genua nicht rein, weil es teils im Wasser war und sich vermutlich am Anker vertüddelt hatte. Nach einiger Zeit hatte die Besatzung das Boot Gott-sei-Dank unter Kontrolle und fuhr unter Maschine mit flatterndem Vorsegel Richtung Anleger bzw. Windschatten.
Gerade hatten wir den Nachmittagsverlauf geplant, als ein Handy klingelte. Kalle K. war dran und fragte, ob wir Marcus B. für den Nachmittag „verleihen“ könnten, da er mit Kerstin W. allein an Bord geblieben war wegen früher Rückreise der Restcrew. Und zu zweit war es den beiden doch zu windig. Wir verabredeten uns für eine Stunde später auf der Binnenseite der großen Schleuse, die beiden aus Lemmer kommend und wir vom IJsselmeer. Leckerer Kaffeeduft umwehte Kalles Boot, begleitet von einem reichhaltigen Kekssortiment und einer Tüte „Osterkollektion“ eines bekannten Gümmibärchenherstellers. Netter Klönschnack, etwas Fachsimpelei und – schwupp – war eine weitere Stunde vorbei. Wir entschieden, dass es genug für beide Tage war und motorten zum Anleger zurück.
Nach dem Festmachen genossen wir eine weitere Stunde Sonne und Aussicht in das Schilfröhricht, gelegentlich unterbrochen von vorbei fahrenden Segel- und Motorbooten, und begleitet von: jawoll, Anlegergetränken und einer Nussauswahl. Dann wurde sich fix umgezogen und gepackt, Innenreinigung des Bootes entfällt bekanntermaßen. Ekkes nahm übrig gebliebene Lebensmittel mit auf sein Anschlussboot, da er für zehn Tage gebucht hatte. Noch eine kurze Verabschiedung der vor Ort bleibenden SHM-Mitglieder und nun ging es auch schon auf die dreistündige Rückfahrt, die dank der fortgeschrittenden Zeit ruhig und völlig stressfrei verlief.
Das war ein wirklich gelungener Saisonstart und bereitet heftige Vorfreude auf kommende Segelereignisse.
Text: Hans-Christoph T.
Fotos: Kerstin W. und andere Teilnehmer*innen
Manövertraining Lemmer 2024 (Bericht 2)
Ein tolles Paket
Auch diesmal hatten Beate und die Skipper ein tolles Paket geschnürt – Euch vielen Dank dafür! Themenabende zur Theorieauffrischung, variable Teilnahmezeiten und eine reibungslose Organisation haben die Veranstaltung zu einem vollen Erfolg werden lassen. Nur diesen individuellen Zeitfenstern zwischen dem 5.4. und dem 14.4. ist es geschuldet, dass es kein gemeinsames Gruppenfoto gibt – man kann eben nicht alles haben.
Das Wetter bot Sonnenschein, Wolken, einen kurzen Regenschauer und viel Wind (WNW, 4-5, in Böen 6), und leicht unterkühlte Temperaturen.
Die 37er Bavarias von Enjoy Sailing waren für unsere Zwecke gut geeignet. Das „Boxen-Karussel“ des Vercharterers bot vom ersten Tag an ein variables Übungsgelände mit „Wind nach Wahl“. Enjoy Sailing führte parallel zu uns ebenfalls Manövertraining durch – so war das Hafenkino („So machen wir das aber nicht …“) abwechslungs- und lehrreich.
Essen hält Crew und Schiff zusammen
Rührei zum Frühstück hatte sich bei uns an Bord schnell zum Standard entwickelt, die Restaurantbesuche in Lemmer und Medemblik führten die Crews, die ja sonst unabhängig voneinander operierten, zusammen. Das Chili con Carne von Richard stellte aber an Bord der „Annika“ alles in den Schatten – das muss hier auch erwähnt werden! Marmelade und Bier erwiesen sich als geeignete Tauschwährung und ein Anlegerbier Heck an Heck war ein starker Auftakt für einen gemütlichen Abend in Medemblik.
Übung macht Skipperin oder Skipper …
Der Manöverplan stand – und wurde doch den Bedingungen von Wetter und Hafensituation immer wieder angepasst:
- Drehen auf dem Teller (Gibt es einen Radeffekt oder nicht oder nur ein bisschen?)
- Rückwärts fahren (Da gibt es ja unterschiedliche „Schulen“: Vom „Ich seh‘ bugwärts nix, aber achteraus Blick bis zum Horizont“ bis zum „Ich schubber mir während des Rückwärtsfahrens den Rücken am Ruderrad“)
- Gezieltes Aufstoppen (Kein „Puschelaufstoppen“! oder heißt es „Puschen ausstopfen“?)
- Ein- und ausparken in enge Boxen mit sehr engem Fahrwasser (So lange man sich das enge Fahrwasser nicht mit anderen Schiffen teilen muss – safety first!)
- Drehen an der luvwärtigen Achterleine (Gedreht wurde um diverse Poller – nur quietschen durfte nichts!)
- Längseits anlegen über Achterleine und Vorspring (Als Einhandmanöver gerne genommen)
- Boxentraining mit Rückwärts-Hosenträger bei Querwind und vorwärts mit Eindampfen in die Achterleine (Wind hatten wir reichlich, so dass auch die Hosenträger der Seglerhosen ordentlich beansprucht wurden)
- Schleusenfahrten (Auch bei geringem Hub gilt abwärts: Leinen mitfieren)
- Und last but not least Leinen werfen aus jeder Position (Das Werfen ist ja nicht das Problem – treffen muss man …)
Ein solches Programm erzeugt natürlich auch Reibung: Gequietscht hat meines Wissens nach niemand, aber die kritischen Anmerkungen vom Skipper müssen auch verdaut werden. Und mancher wird gegrummelt haben „Hab ich doch gemacht … vielleicht nicht so … aber hat doch geklappt … fast …“. Schon die Bedienung des Gashebels hat bei uns an Bord die Frage ausgelöst, ob Werften die Dinger als letztes lästiges Übel behandeln und darum irgendwo, gerne auch in der Nähe der Bilge einbauen, wo noch etwas Platz ist. Auf manchen Schiffen brauchte es, sollte die Übersicht nicht verlorengehen, schon einen sehr laaaangen Arm. Die Leinenführung bot immer wieder Anlass für intensive Diskussionen und Fachsimpeleien und die Wahl des richtigen Winkels zur Pier sollte uns alle mittelfristig für Billardmeisterschaften qualifizieren – aber ohne Abpraller.
Die letzte Herausforderung waren bei uns an Bord MoB-Manöver bei Windstärken zwischen 4 und 5, in Böen 6. Ein zufällig gesichteter, von irgendwem verlorener Kugelfender konnte im dritten Anlauf geborgen werden – ganz ohne vorbereitetes Auge im Tampen. Die zu Übungszwecken gewasserten Fenderpaare trieben so schnell, dass die besprochenen Manöver (Q-Wende, „Münchener“) auch mit Blick auf die (weitab) in Lee liegende „Steile Bank“ vor Lemmer ad hoc angepasst wurden – und die Geschwindigkeit des Schiffs im Moment der Bergung sich hartnäckig bei 2,5 Knoten einpendelte.
Es war ein großes Rad, das Beate da gedreht hat – Danke für die gründliche Organisation und die Flexibilität bei der Dauer der Manövertrainings! So hatten wir uns an Bord der „Annika“ von Mittwoch bis Sonntag eingebucht und damit genug Zeit, uns vielfältige Herausforderungen zu suchen. Wir waren uns einig: Nächstes Jahr gerne wieder genau so!
Holger H.
Hafenmanöver 12. – 14.04.2024 (Bericht 3)
In Gesprächen mit anderen Vereinsmitgliedern über das vielfältige Angebot Fahrtensegeln hörte ich immer wieder: „Das Training Hafenmanöver musst du unbedingt mal mitmachen, da lernst du richtig was“. Große Überredungskünste waren nicht nötig. Ich war sofort begeistert und habe mich gefreut, dass es mit der Anmeldung geklappt hat. Eine Veranstaltung, bei der der Umgang mit dem Schiff im Hafen im Fokus steht. Wer will schon Hauptdarsteller im Hafenkino sein?! Offensichtlich geht es vielen anderen Mitgliedern genauso, die Resonanz war groß. Verteilt über zwölf Tage, wurden insgesamt sieben Schiffe gechartert!
Nach der umfangreichen Theorie mit zwei Themenabenden und dem Workshop Leinenarbeit im März sowie einer Crewbesprechung via Zoom ging es für mich am 12.04.24 los in Richtung Lemmer. Für den Hinweg haben sich verschiedene Fahrgemeinschaften zusammengefunden; wir sind um 13:30 Uhr in Münster gestartet. Besten Dank nochmals an Richard H., der uns souverän ans Ziel gebracht hat! Nach gemütlicher Überlandfahrt sind wir am Freitagnachmittag bei leichtem Wind und angenehmen Temperaturen angekommen. So kann´s weiter gehen, haben wir uns gedacht. Und das ging es auch, der Wettergott hatte uns wohl gehört. Am gesamten Wochenende waren Sonnencreme und Sonnenbrille angesagt!
Die Übernahme des Schiffes hat wegen einer Vielzahl an kleinen und größeren Mängeln einige Zeit gedauert, es gab Vieles zu protokollieren. Unser Skipper Stefan hatte vom Vercharterer den Hinweis bekommen, dass unser Schiff Diesel bunkern müsste, tanken wäre bis 19:00 Uhr möglich. Die Uhren des Vercharterers gingen aber wohl anders: Um kurz vor Sieben haben wir an der Tankstelle festgemacht, wurden dann aber auf den nächsten Morgen vertröstet. So hatten wir zumindest schon das erste Ab- und Anlegemanöver absolviert. Nach dem Hick-Hack hatten wir uns eine erste Hopfenschorle redlich verdient. Der Freitag klang beim gemeinsamen Abendessen mit allen Crews im Restaurant aus.
Nach einem Frühstück an der frischen Luft stand am Samstag erst einmal Schiffsgewöhnung auf dem Programm: Vollkreis fahren, Aufstoppen, Radeffekt, Drehen auf dem Teller… Dann ging es richtig los: An- und Ablegen in der Box mit Wind von unterschiedlichen Seiten, vorwärts, rückwärts und eindrehen über die Achterspring. Nach der Mittagspause ging es mit längsseits anlegen weiter. Hierzu sind wir zur großen Schleuse gefahren, im Wartebereich war ausreichend Platz für uns. Auch hier wurden verschiedene Varianten mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen besprochen und direkt geübt. Alle hatten reichlich Praxiszeit, Stefan hat uns zusätzlich mit viel theoretischem Wissen versorgt. Am späten Nachmittag hatten wir genug, die Köpfe rauchten. Es ging zurück zum Hafen. Stefan hat sich als Smutje angeboten und uns ein leckeres Abendessen kredenzt. Nach dem Spülen saßen wir noch im Salon zusammen und haben über dit und dat geklönt.
Der Sonntag startete mit Vertiefung, alle durften nochmals an- und ablegen in der Box üben. Anschließend stand das Schleusen an. Zuerst durch die Prinses-Margrietsluis, dann sind wir ein Stück durchs Fahrwasser in Richtung Industriehafen motort und durch die Lemstersluis ins Stadtgebiet von Lemmer gefahren. Bei bestem Wetter war eine Menge Betrieb im Ort, wir wollten uns das Treiben in aller Ruhe bei einer Tasse Kaffee von Land aus ansehen. Nach kurzem Suchen haben wir eine Stelle zum Festmachen gefunden. Leo hat die SY „Vidare“ souverän angelegt. Auf dem Rückweg zum Hafen durften wir an einer Brücke nochmals, mehr oder weniger freiwillig, Aufstoppen und längsseits Festmachen üben. Inzwischen waren wir schon etwas spät dran. Zurück im Hafen haben wir fix unsere persönlichen Sachen zusammengepackt, noch schnell etwas gemeinsam gegessen und den restlichen Proviant aufgeteilt. Dann ging´s schon wieder in Richtung Heimat.
Es war ein tolles Wochenende. Wir hatten eine Menge Spaß und haben viel gelernt. Das Ganze gibt es auch noch zu einem wirklich günstigen Preis. Ich werde ganz bestimmt wieder teilnehmen! Zum Abschluss nochmals herzlichen Dank an Beate für die Organisation und an alle Skipper für die Geduld und die Bereitschaft, Wissen und Erfahrungsschatz zu teilen!
Thorsten N.