Hätten wir diesen Beitrag am 1. April veröffentlicht, könnte man meinen, dass der SHM sein sportliches Angebot in einem nicht auf den ersten Blick zum Segeln passenden Bereich vergrößert hätte.
Dem ist zumindest in dieser Hinsicht nicht so. Zu einem Teil 1 einer Was-auch-immer gehört nämlich üblicherweise auch mindestens ein weiteres Element, also hier ein Teil 2. Um diesen geht es. Am 20. März fand nämlich im SHM der Themenabend „Hafenmanöver ohne Stress I“ statt. Exakt eine Woche später, am 27. März, genau einen Tag vor dem alljährlichen praktischen „Hafenmanövertraining“, wurde für alle Interessierten mit dem Themenabend (TA) „Hafenmanöver ohne Stress II“ nachgelegt.
Wer also nach dem Theorieteil 1 nicht genug hatte von Physik („Was ist: Kraft?“ oder „Impuls, linksdrehend, Masse“ usw.) und von seiner Bedeutung – nicht nur – beim An- und Ablegen in Häfen an Stegen und Mauern oder in Schleusen, konnte sich vorbereitend auf den praktischen Teil nun u.a. mit Themen wie „eindampfen“, „römisch-katholisch“ (anlegen; nichts Glitschiges), „Mittelspring“, „Mooring“, „Päckchen“, „Schokoladenseite“, „Luvleine“ und – Achtung, aufgepasst – „Boxen“ beschäftigen.
Souverän berichtete Altmeister Stefan W. vor wieder fast vollzählig versammelter Mannschaft über schier unendliche Varianten von An- und Ablegemanövern in sog. Boxen. Was Boxen sind, wird aus den Fotos deutlich: Stege, an denen Dickschiffe vorwärts oder rückwärts, also quer zum Steg, zwischen Dalben anlegen können. Der mehr oder weniger rechteckige Platz zwischen Steg und den beiden Dalben ist eine „Box“, in die das Boot hineinfährt. (Längsseits anlegen können wir ja schon seit letzter Woche. Theoretisch.)


Wo das Problem ist? Nun kommen wieder die Parameter aus Teil 1 des TAs zum tragen, als da wären: Windgeschwindigkeit und -richtung, Bootslänge, -breite sowie -tiefgang. Außerdem soll ja möglichst wenig Schaden an Nachbarbooten, Stegen und der eigenen Yacht entstehen. Getreu dem Motto „Kleine Fahrt, kleiner Schaden“, „Übung macht den Meister“ oder „Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel“.
Aber als wäre das nicht genug, sind wieder die üblichen Fragen nach links- oder rechtsdrehendem Propeller, Bootsgeschwindigkeit, Personenzahl und Fähigkeiten der Crew, Leinenausstattung an Bord (man wundert sich), mit oder ohne Fender, Lee- oder Luvleine zuerst und das erst vorn und dann achtern oder besser anders herum usw. zu klären. Wer kann gut Leinen werfen? Denn schnell eine stabile Landverbindung herzustellen, ist besonders bei starkem Wind ziemlich entscheidend.
Wir lernten oder rekapitulierten: rechtzeitige Manövervorbesprechung mit klarer Aufgabenverteilung nach Kenntnissen, Kommunikation während des Manövers, Plan B oder sogar C, falls sprichwörtlich „etwas aus dem Ruder läuft“ sind wichtige Elemente für gelungene Hafenmanöver. Nicht nur beim Boxen, in Boxen.
So gerüstet, werden fünfköpfige Crews auf bis zu sechs Charteryachten Lemmer in den kommenden zehn Tagen verunsichern. Wir freuen uns auf große und kleine Lerngeschenke und -erfolge, mehr Routine, leckeren Kibbeling, süffige Anlegerbiere, Geselligkeit, Fachsimpeleien, vielleicht eine kurze Segeletappe mit oder ohne Manöver, eindrucksvolle Wetterstimmungen und für die meisten: die erste Ausfahrt in 2025. In diesem Sinn: Mast- und Schotbruch!
Hans-Christoph T.