Ostseetörn 2023

Die Wetternachrichten reden von einem Gewittercluster über Süddeutschland. Ob wir davon etwas im Bereich der Ostsee abbekommen? Während der Fahrt sahen wir Bilder von überfluteten Flugplatzvorfeldern und U-Bahnen in Frankfurt. Doch nein, wir konnten nur ein paar Tropfen zählen, ansonsten bescherte uns das Wetter eitel Sonnenschein mit blauem Himmel, leider zu oft auch keinen Wind. Die Ostsee hat ihr eigenes Wetter.

Der Freitag diente – wie so oft – zur Anreise, diesmal ging es nach Greifswald an die Ryck. Dort lag der Yachtcharterer. Nach ca. sechs Stunden Autobahn und oftmals Stau kamen alle glücklich an und hofften, die Boote zügig beziehen zu können, aber zunächst knurrte der Magen. Also: Essen in der Gaststätte mit „gesalzenen“ Preisen; weniger macht auch satt.

Dann ab ca. 22:00 Uhr ging es los: Die Boote waren gesäubert und wir konnten die „Becks“, die „Freiheit“ und die „Nature“ mit Proviant und sonstigen schönen, auch flüssigen Dingen bestücken. Als dann noch die privaten Dinge des Seglerlebens verstaut waren, waren wir glücklich, zufrieden und müde.

Am Samstag fuhren wir zunächst von Greifswald nach Sassnitz. Ja, was kann schöner sein, als im Angesicht der Rügener Kreidefelsen bei ruhiger See in Ruhe draußen zu frühstücken. Das könnte ewig so weiter gehen, aber dafür waren wir ja nicht unterwegs. Wir wollten etwas lernen, und so gab es öfters kleine Einlagen wie zum Beispiel BÜB = Boje über Bord; diverse Wenden und Halsen komplettierten das Programm.

In Sassnitz angekommen, meinte die dortige Wasserschutzpolizei, man könne ja mal das arme Crewmitglied stören, das da kartoffelschälend an Deck saß. Sehr höflich, aber bestimmt wurde uns mitgeteilt, dass die Wasserschutzpolizei prüfen möchte, ob die Charterer ihren Job insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit gut machten. So ging es fast 45 Minuten durch alle Höhen und Tiefen der Dokumentationen, bis zum Schluss das Thema Automatikwesten kam. Der Charterer muss alle Westen betriebsfertig übergeben, diese sind aber nur betriebsfertig, wenn die Patronen eingesetzt sind. Das war aber bei drei Westen nicht der Fall; wir waren ja auch nur sechs Personen, und die hatten alle private oder Charterwesten mit eingesetzter Patrone. Der Charterer bekommt wohl einen Liebesbrief, ansonsten war alles ok, und die Kartoffeln wurden danach zu Ende geschält. Nach einer schönen Nacht setzten wir am Sonntag zum ersten großen Sprung nach Bornholm an; Zielpunkt war die Marina Rønne. Ausgedehnte Windanlagenfelder lagen auf unserem Kurs, also immer am Rand lang erreichten wir nach vielen Stunden den Hafen von Rønne. Die Sonne schien den ganzen Tag, und erste Anzeichen von Sonnenbrand machten sich breit.

Am Montag hieß dann das Ziel Nexø. Im Hafen von Nexø hat die gesamte Crew ein Hafentraining durchgeführt; das hat wirklich etwas gebracht.

Dienstag wollten wir auf den sog. Erbseninseln Erbsen zählen. Aber nein, Christiansø entpuppte sich als ein idyllischer Ort, der auch entsprechenden Zulauf bei den Seglern hatte. Liegeplätze im Viererpack scheinen dort normal zu sein. Nach einer kleinen Erkundung der Insel Christiansø fuhren wir weiter zum Hafen von Gudhjem auf Bornholm. Dort hatten wir keinen Landstrom, dafür aber sehr leckeres Eis, was durchaus Zuspruch fand.

Am Mittwoch erreichten wir unser letztes Ziel beim Törn rund um Bornholm: den Hafen von Hasle. Nach einer gemütlichen Runde an Deck wurde verkündet, dass wir am nächsten Morgen ohne Frühstück um 05:00 Uhr auslaufen wollen, da wir am Donnerstag die längste Tour vor uns hatten. Schnell verbreiteten sich gewisse Schlaftöne an Bord und jeder versuchte, für den kommenden langen Tag gewappnet zu sein.

Am anderen Morgen polterte es schon weit vor 5 Uhr – schnell noch duschen und die Toilette erledigen, bevor es los ging. Der Ordnungsruf des Skippers katapultierte auch die letzten beiden Duschkönige aus dem Häuschen und ab ging es in die aufgehende Sonne hinein. Irgendwie hat uns der Wind immer gemieden, jedenfalls mussten wir ca. ¾ der Strecke unter Motor fahren, dies gepaart mit einem seitlichen heftigen Geschaukel, dass für den einen oder anderen recht anstrengend wurde.

Bornholm verschwand am Horizont, die Sonne knallte von oben, der Motor lief und lief, und die Windradfelder kamen in Sicht – alles imposant zu sehen. Und dann grüßte uns Rügen aus der Ferne, wir näherten uns langsam dem Festland. Der Hafen von Gager sollte unsere letzte Station sein. Bei der Anfahrt auf den Hafen meinte der Wind plötzlich, alles zeigen zu müssen, was er kann. In der Spitze erreichten wir 7,2 Knoten – geht doch.

Am nächsten Morgen war die Rückreise nach Greifswald angezeigt. Auf der Fahrt dahin flog noch so manche Boje über Bord und sogar eine MÜB-Übung kam dazu. Dazu verlor ein Segelkamerad seine Mütze und diese schwamm dann rot leuchtend in der Ostsee. All hands on deck – jetzt galt es, die Mütze wieder zu erreichen, bevor sie endgültig unterging. Hat aber alles funktioniert und die Mütze war sauberer als vorher.

Wir hatten bis zur Brückenöffnungszeit genug Zeit eingeplant, um noch ca. drei Stunden Hafenmanöver absolvieren zu können und ohne Stau das Boot wieder aufzutanken. Jetzt wurde es wieder hektisch, aber das kennt man ja schon: Ausladen des Proviants und des Gepäcks, staunende Gesichter über die Menge der leeren Bierdosen („Waren wir das????“). Und zu guter Letzt machte das sorgfältig ausgefüllte Logbuch der „Becks“ vom Tisch am Oberdeck die Flatter in das kühlende Nass. Panik und Hektik wurden durch den beherzten Sprung eines mutigen Segelkameraden beendet, und das wichtige Dokument bekam wieder Luft und Sonne. Aber wie bekamen wir nun den Segelkameraden wieder aus dem Wasser? Eine kleine, aber feine Strickleiter verhalf ihm wieder an Deck. Einige waren etwas neidisch, denn es war wohl eine nette feine kleine Abkühlung, und so manch anderer wünschte sich diese wohl auch.

Was gab es sonst noch? Highlight für uns alle war sicherlich die leider zu kurze Segelstrecke mit dem Gennaker. Alle konnten ihr Wissen auffrischen, so wechselten sich Segel- und Trimmmanöver und Hafenübungen mit Tampenarbeit ab. Der „Kapitän of the Day“ konnte sich einen Tag mit der Skipperrolle befassen und Kurse festlegen. Unsere 301 nautischen Meilen mit oftmals zu wenig Wind haben uns trotzdem den Alltag vergessen lassen; bei den Temperaturen machte die „dänische Südsee“ wieder ihrem Namen alle Ehre.

Voller schöner Erinnerungen und für mich persönlich mit der Gewissheit, neue (Segel-)Freunde/ Kameraden gefunden zu haben, machten wir uns wieder auf den Heimweg. Gute sechs Stunden später waren die meisten wieder zu Hause, der Boden unter den Füßen bewegte sich noch manchmal, aber das geht vorbei.

So endete der Ostseetörn 2023; aber bekanntlich ist nach dem Törn wieder vor dem Törn.

Text: Alfred Mevenkamp
Fotos: Segelbesatzungen

Ostseetörn 2021

1. kommt es anders & 2. als man denkt: vgl. Epilog

Eine Mitseglerin meinte noch gut drei Wochen vor Törnbeginn in felsenfestem Überzeugungston: auf der Ostsee regnet es immer!
Scheinbar war sie noch nicht so oft im Sommer im Norden auf Törn.
Tatsächlich hat nahezu ganz Deutschland mit teils katastrophalen Folgen unter gewaltigen Niederschlagsmengen gelitten – nur nicht der hohe Norden Deutschlands bis hin zum dänischen Kattegat.
Die fünf Hansasegler benötigten nur an einem einzigen Tag weniger wegen Regen ihre Segeljacken als wegen vorübergehend unerwartet kühler Brise nach 12 Tagen Sonnenschein bis zum Abwinken mit sehr hohen Temperaturen.
Aber der Reihe nach.
Prolog: Ein großer Nachteil wenn man nicht mehr am Erwerbsleben teilnimmt ist, dass man keinen Urlaub mehr bekommt. Der verbleibende Vorteil: man kann mehr und länger reisen ;-).
So haben drei Hanseaten dieser Kategorie es mit Mühe geschafft relativ kurzfristig eine betagte, aber frisch refittete 46“ Yacht ab Heiligenhafen für 4 Wochen zu chartern. Geplant war zu fünft ´gen Norden zu starten und nach zwei Wochen irgendwo in einem Hafen im Kattegat zwei Segler auszutauschen. Schwierig war es überhaupt ein Boot zu bekommen, da durch den Stornostau 2020 und die erste recht späte Freigabe für das Yachtchartern in 2021 kaum noch Schiffe in der Hochsaison ab 10. Juli zur Verfügung standen, geschweige denn für vier Wochen am Stück.

Unser kleines Ersatzschiff


Glück gehabt ? Zu früh gefreut: am 7. Juli kommt eine E-Mail, dass an der gecharterten Yacht die oberste Saling gebrochen sei und sie somit nicht seetüchtig ist. Engagiert hat der Anbieter Vertragsgemäß nach einer Alternative gesucht und konnte uns über einen anderen Anbieter für zwei Wochen eine Salona 38 vermitteln. Besser die, als ganz absagen, wo doch die Seesäcke schon gepackt und viele Einkäufe getätigt waren. Die ursprüngliche Yacht sollte dann nach 14 Tagen in Heiligenhafen übernommen werden. Weit weg vom ursprünglichen Plan, aber besser als nix.

„Ostseetörn 2021“ weiterlesen

Ostseeflottille 2019

Von Hitze bis Dauerregen, von Flaute bis Windstärke sechs, von Ruhe bis Trara – beim diesjährigen Ostseetörn (20.-26.07.) war für jeden Geschmack etwas dabei. Mit siebzehn Hanseaten auf drei Yachten erkundeten wir die dänische Südsee und legten in sechs Tagen knapp 170 Seemeilen zurück.

Los ging es am Freitagabend (19. Juli) beim Vorabend-Check-In in Heiligenhafen, wo gerade ein Rummel stattfand, sodass wir unsere Autos mit Blick aufs Riesenrad entluden. Unsere drei Schiffe hießen Ulysses, Finnyocean und Seerose; die beiden letztgenannten waren 37 Fuß-Bavarias und baugleich bis auf eine Mikrowelle in der Kombüse der Finnyocean. Unsere Seerose ließ uns immer wieder aufs Neue staunen, wie kreativ man selbst als erfahrener Yachtbauer an den Bedürfnissen des Seglers vorbei designen kann; Seeventile an den unmöglichsten Stellen, ein Navigationstisch von der Größe eines Frühstücksbrettchens, wild im Schiff verteilte Hauptschalter und zu wenige Sitzgelegenheiten am Tisch in der Messe waren nur einige der Dinge, die im täglichen Betrieb für Kopfschütteln sorgten. Dafür waren die Festmacherleinen endlich mal lang genug.

Am Samstagvormittag ging es los in Richtung Langeland. Auf See erwarteten uns kräftiger Wind und Meterwellen, die die ungeübten Mägen gehörig auf die Probe stellten. Wir erreichten Bagenkop gerade rechtzeitig vor dem Eintreffen einer dunkelvioletten Gewitterfront und legten ruhig und konzentriert an, ohne uns von dem Mann am Kai irritieren zu lassen, der wohl der Ansicht war, unser Anlegemanöver durch lautstark gebrüllte Hinweise auf das nahende Unwetter beschleunigen zu können oder zu müssen. Vielleicht hoffte er, eine Anstellung als Nebelhorn zu ergattern – die Lautstärke wäre jedenfalls ausreichend gewesen.

Der Sonntag führte uns nach Marstal auf der Insel Aero. Im Vorjahr hatten wir Aeroskobing besucht und waren ganz begeistert gewesen von dem gemütlichen Fachwerkstädtchen; Marstal kann aber beinahe mithalten. Auch hier gibt es kleine Gassen, gemütlich aussehende niedrige Häuser, massenhaft Stockrosen und obendrein im Hafen die Bonavista, ein vor kurzem renovierter Schoner aus dem Jahr 1914. Nach dem Spaziergang durch die Stadt und den Hafen (ein Softeis durfte auch nicht fehlen) beschlossen wir den milden Abend mit gemütlichem Plaudern auf der Finnyocean.

Den meteorologischen Tiefpunkt markierte der Montag, an dem wir uns von Marstal durch den Tonnenstrich nach Svendborg vorarbeiteten. Dauernieselregen war unser Begleiter, und auch beim Stadtbummel blieb es nass. Dafür gab es in Svendborg die mit Abstand urigste Bäckerei, in der man dem Bäcker bei der Arbeit zuschauen konnte, und die obendrein die leckersten Brötchen verkaufte.

So ging es am Dienstag gut gestärkt nach Omo. Der Regen war vergessen, und die Sonnencreme kam wieder zum Einsatz. Die Hitze verlangte nach Gegenmaßnahmen, und so wurde es Zeit für die Badeplattform, von der die Kids die Füße ins Wasser halten konnten; auch der obligatorische Fenderritt – diesmal ohne fiese Quallen – durfte nicht fehlen.

Im Hafen von Omo gibt es Fischer und eine Fähre, sodass weder Nase noch Ohren geschont werden – dafür lohnte aber der Gang zum nahe gelegenen Strand, der mit einer Badeplattform und einem traumhaften Sonnenuntergang punkten konnte. Obendrein gab es in Omo kostenlose Leihfahrräder, die zur Erkundung des Inselchens genutzt werden konnten.

Spodsbjerg hieß unser Ziel für den Mittwoch. Abermals umrahmte uns ein fast wolkenloser Himmel, und mangels Wind schob uns der Motor durch die See.

Am Donnerstag brachen wir noch vor dem Frühstück auf, denn vor uns lagen stolze 47 Seemeilen bis nach Burgtiefe auf Fehmarn. Der Wind hatte wieder aufgefrischt, und so konnten wir große Teile der Strecke unter Segel fahren. An Fehmarns Südwestspitze war es damit jedoch vorbei; bei strammem Gegenwind und kräftiger Strömung warfen wir den Motor an und kamen doch nur allmählich der Fehmarnsundbrücke näher. Erst zur Abendbrotzeit erreichten wir den Yachthafen von Burgtiefe und brachen sogleich zum Abschlussessen im (sehr empfehlenswerten) Restaurant “Windrose” auf. Trotz des Schwankens, das mancher Teilnehmer angesichts des ungewohnt bewegungsarmen Mobiliars zu spüren glaubte, wurde der Abend zum würdigen Abschluss eines tollen Törns.

Nach dem obligatorischen Flottillen-Gruppenfoto war es am Freitag von Burgtiefe aus nur noch ein kurzer Schlag zurück nach Heiligenhafen, und gegen Mittag machten wir unsere Seerose in ihrer Box fest. Unser Fazit war ausnahmslos positiv: Mit bester Laune, gutem Essen, größtenteils Traumwetter und genügend Wind verlebten wir eine herrliche Woche und hatten – neben unzähligen Fotos – eine gute Portion Sonnenbräune als Souvenir im Gepäck.

(Lars)

Und wer weiß – vielleicht steht in Bagenkop auch jetzt noch der seltsame Mann wie das HB-Männchen auf dem Kai und geht bei jedem einlaufenden Schiff aufs Neue in die Luft. Dem empfehle ich unser extrem entspannendes Törnvideo:

Musik: www.bensound.com